Regierungskrise: Slowenien versinkt in Korruption

(c) AP (Filip Horvat)
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Premier und Oppositionschef sollen laut Ermittlern über beträchtliche undeklarierte Vermögen verfügen. Koalition forderte sofort den Rücktritt von Premier Janez Janša.

Belgrad/Ljubljana. Das neue Jahr beginnt für Slowenien mit einem Paukenschlag: Gerade hat sich die wirtschaftliche Situation in dem Krisenland etwas zu stabilisieren begonnen, da bringen Ermittlungen der Antikorruptionsbehörde die Regierung an den Rand des Kollapses: Der konservative Premier Janez Janša könne die Herkunft von 210.000 Euro auf seinem Konto nicht erklären, so der Rapport. Zwei Koalitionspartner Janšas, Gregor Virants Bürgerliste und die Pensionistenpartei, forderten sofort den Rücktritt des Premiers.

Dieser folgte indes dem bewährten Prinzip, den Überbringer für die schlechte Nachricht verantwortlich zu machen: Der Bericht der Korruptionsermittler zeige doch nur, „wie tief kommunistisch“ die Behörde sei, ließ die Regierungspartei SDS per Twitter verbreiten. Dabei lässt sich der Behörde bei ihren spektakulären Enthüllungen kaum Einäugigkeit vorwerfen: Zoran Janković, dem links orientierten Oppositionschef, Bürgermeister der Hauptstadt Ljubljana und Janšas Erzrivalen, lastet sie gar 2,4 Mio. Euro ungeklärter Herkunft auf seinem Privatkonto an.

„Für Rechtsstaat inakzeptabel“

Bei Janković betreffen die Vorwürfe die Jahre 2006–2012. Er habe „systematisch“ die Gesetze verletzt, indem er Eigentum an Immobilien und Aktien nicht rechtzeitig oder gar nicht gemeldet habe. Der Oppositionschef bestreitet dies: Es sei keine Deklaration nötig gewesen, weil sich sein Vermögen nicht geändert habe.

Janšas angebliche Verfehlungen reichen gar von 2012 bis 2004 zurück, auch hier geht es um unvollständig deklarierte Geschäfte und Geld unbekannter Provenienz: Janša verfüge als Premier über verhältnismäßig große Bargeldsummen, von denen nicht bekannt sei, woher sie stammen, stellt der Bericht fest und urteilt: „Es ist eine Situation, die für ein demokratisches und rechtsstaatliches Land inakzeptabel ist.“

Auch Janša ist sich keiner Schuld bewusst. Er wollte sich allerdings als Parteichef Mittwochabend bei einer Sondersitzung des SDS-Parteirats einer geheimen Vertrauensabstimmung unterziehen. Deren Ergebnis lag zwar bei Redaktionsschluss noch nicht vor, da die Partei aber straff geführt wird, wurde mit einer Niederlage des Premiers nicht gerechnet.

Seit Wochen Massendemos

„Sind wir in Europa oder auf dem Balkan?“, fragte am Mittwoch verzweifelt die Zeitung „Dnevnik“. Seit Wochen erschüttern heftige Massendemonstrationen gegen korrupte und unfähige Politiker das Land. Der Bürgermeister von Maribor, wo die Proteste begonnen hatten, sah sich wegen Korruptionsvorwürfen und des anhaltenden Drucks der Öffentlichkeit bereits Ende Dezember zum Rücktritt genötigt. Nicht nur, weil für das Wochenende landesweit neue Proteste des über Facebook organisierten „Bürgeraufstands“ angekündigt sind, könnten weitere Rücktritte bald folgen.

Mit ihrem Bericht haben die Ermittler die labile Mitte-rechts-Koalition, die Janša trotz der Ende 2011 verlorenen Wahl bilden konnte, ins Trudeln gebracht. Sollte Janša nicht zu halten sein, wird als Nachfolger aus den eigenen Reihen der glücklose Präsidentschaftskandidat Milan Zver genannt. Die Pensionistenpartei könnte durch Zugeständnisse noch zu besänftigen sein. Doch Virant und seine Bürgerliste rechnen sich möglicherweise bei Neuwahlen gute Chancen aus.

Da beide Koalitionsparteien kaum die Annäherung an den nicht minder diskreditierten Janković suchen dürften, wird in Ljubljana bereits über einen vorgezogenen Urnengang spekuliert.

Auf Gewinne können dabei die oppositionellen Sozialdemokraten hoffen, die noch bei der Parlamentswahl im Jahr 2011 kräftig Federn lassen mussten. Einen möglichen Partner könnten sie sicher aus den sich lichtenden Reihen der jetzigen Koalition rekrutieren: Bereits bei der erfolgreichen (Volks-)Wahl ihres Ex-Premiers, Borut Pahor, zum Staatschef im Dezember hatten die Sozialdemokraten auffällig und offen mit der Bürgerliste paktiert.

Eines liegt jenseits aller Spekulationen indes auf der Hand: Einer wirtschaftlichen Erholung ist die Instabilität nicht zuträglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2013)

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