Militäreinsatz: Frankreich greift in Mali ein

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Französische Soldaten kämpfen gemeinsam mit Truppen aus Nigeria und dem Senegal gegen Milizen, die das Land unter ihre Kontrolle bringen wollen.

François Hollande wollte in Afrika alles anders machen als seine Vorgänger. Vor allem wollte Frankreichs seit Mai 2012 amtierender Präsident nicht den Gendarmen in den Ex-Kolonien spielen. So hat er eine Beteiligung an einer Militärintervention gegen Malis Islamisten-Rebellen bisher ausgeschlossen.

Doch der Hilferuf des bedrängten malischen Interimspräsidenten Diocounda Traoré lässt ihm nun keine Wahl: Französische Soldaten seien „an der Seite ihrer afrikanischen Partner" in dem westafrikanischen Land im Einsatz, um den Vormarsch der „Terroristen" zu stoppen, sagte Hollande am Freitag. Das Parlament in Paris werde am Montag zu der Intervention befragt.

Am Abend gab es auch Bestätigung und nähere Details aus Malis Hauptstadt Bamako: Truppen aus Frankreich, Nigeria und dem Senegal seien gemeinsam mit Soldaten der Regierung im Einsatz, um die islamistischen Rebellen zu bekämpfen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Demnach sind die Soldaten bereits in der Stadt Mopti im Zentrum des Krisenlandes angekommen.

An Kämpfen aktiv beteiligt

Um wie viele Soldaten es sich handle, ließ der Sprecher offen. Daran, dass es sich dabei um einen Kampfeinsatz handelt, ließ allerdings Präsident Hollande keine Zweifel: Französische Soldaten seien seit Freitag Nachmittag aktiv an den Gefechten beteiligt.

Im vergangenen Frühjahr haben Tuareg-Rebellen im Verbund mit Islamisten der Gruppe Ansar Dine („Verteidiger des Glaubens") den Norden Malis handstreichartig unter Kontrolle gebracht. Zupass kam ihnen dabei ein Putsch in der Hauptstadt Bamako. Seither haben die Islamisten die Tuareg an den Rand gedrängt und in weiten Teilen von Nordmali die Scharia eingeführt: unverheiratete Paare werden ausgepeitscht, Kinos geschlossen, Lokale mit Alkoholausschank gestürmt und Sufi-Heiligtümer zerstört. In den vergangenen Tagen kämpften sich die Rebellen weiter nach Süden vor. Ihre nächste Station auf dem Weg nach Bamako ist die strategisch wichtige Stadt Mopti.

Der französische Staatschef vollzieht mit dem Einsatzbefehl eine radikale Kehrtwende - auch wenn er sich dabei auf Resolutionen der Vereinten Nationen beruft. Hollande rechtfertige die Intervention mit der Zuspitzung der Lage. Die Terroristen wollten der Regierung einen entscheidenden Schlag versetzen, sagte er: „Die Existenz Malis steht auf dem Spiel." Der Präsident ist dabei in einem Dilemma, weil im Norden Malis vier Franzosen in der Hand von „al-Qaida im islamischen Maghreb" sind. Diese haben im Fall einer französischen Einmischung mit der Exekution ihrer Gefangenen gedroht.

Schlecht ausgerüstet

Zustand und Stärke des malischen Militärs lassen sich schwer präzise abbilden - sie werden jedenfalls seit vielen Jahren als schlecht ausgerüstet und die Soldaten als unterbezahlt bezeichnet.

Vor dem Siegeszug der Tuareg und der Islamisten soll das Militär laut dem Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) rund 8000 Soldaten umfasst haben, dazu gut 4500 paramilitärische Kämpfer. Die Bewaffnung ist großteils leicht, etwa Sturm- und Maschinengewehre und Granatwerfer. An schwerem Gerät gab es nur etwa 50 russische und chinesische Uralt-Kampfpanzer (darunter etwa 20 T-34-Tanks aus dem Zweiten Weltkrieg) und etwa 20 Feldgeschütze.

Die Luftwaffe zählt neun flugfähige MiG-21-Jäger aus den 1970er-Jahren, einige leichte Düsentrainer und Helikopter. Im Zuge der Rebellion im Norden haben sich aber Teile der Armee aufgelöst, sodass die aktuelle Mannstärke deutlich kleiner sein dürfte als die auf bis zu 12.000 Mann geschätzten Rebellen.

Europäische Militärberater

Ob Frankreichs EU-Partner mitziehen werden, ist unklar. Deutschland hatte bisher einen Einsatz der Bundeswehr in dem westafrikanischen Krisenstaat ausgeschlossen. Die EU hat der Regierung in Bamako bisher 200 Militärberater zugesagt, die Malis Armee in die Lage versetzen sollten, bei der Rückeroberung des Nordens effizient zu helfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2013)

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