Zehntausende Russen beim "Marsch gegen die Schurken"

RUSSIA ORPHANS BAN BILL OPPOSITION MARCH
RUSSIA ORPHANS BAN BILL OPPOSITION MARCHEPA
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Die Demos richteten sich gegen das von Putin verordnete Waisen-Adoptionsverbot russischer Kinder für Amerikaner. Zudem werden Neuwahlen gefordert.

Neue Massenproteste in Russland: Zehntausende Menschen haben unbeeindruckt von einem Großaufgebot der Polizei und Eiseskälte gegen Kremlchef Wladimir Putin protestiert. Zu dem ersten "Marsch gegen die Schurken" kamen am Sonntag allein im Stadtzentrum von Moskau mehr als 20.000 Menschen, wie unabhängige Beobachter schätzten. Auch in Sankt Petersburg und vielen anderen Städten riefen Regierungsgegner "Schande den Schurken!", "Russland ohne Putin!" und "Freiheit für politische Gefangene!".

Diese erste Anti-Regierungs-Aktion des Jahres richtete sich gegen das von Putin zuletzt unterzeichnete Adoptionsverbot russischer Kinder durch US-Bürger. Prominente Oppositionspolitiker wie Sergej Udalzow, Boris Nemzow und Gennadi Gudkow forderten neben den vielen Bürgern den Kreml auf, die Adoptionen weiter zuzulassen, um vor allem auch den vielen Behinderten unter den Waisen eine menschenwürdige Zukunft zu ermöglichen.

Putin über Proteste informert

Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax, dass der Präsident über die Proteste informiert sei. Außerdem verlangten die Initiatoren die Auflösung der Staatsduma mit anschließenden Neuwahlen. "Das ist technisch möglich. Putin kann leicht einen Vorwand dafür finden und vorgezogene Wahlen ansetzen", sagte Gudkow. Bei leichtem Schneefall trugen Hunderte Menschen Plakate mit den Porträts der Duma-Abgeordneten, die im Dezember das anti-amerikanische Gesetz verabschiedet hatten.

Das Parlament steht seit der manipulierten Wahl vom Dezember 2011 bei Bürgerrechtlern unter Kritik, in Russland mit immer mehr autoritären Gesetzen ein System der Angst und Unterdrückung wie zu Sowjetzeiten zu schaffen. Zahlreiche Aktivisten sammelten am Sonntag Unterschriften für Neuwahlen und für ein Ende des Adoptionsverbots. Von den nach offiziellen Angaben mehr als 600.000 Waisen in Russland leben rund 100.000 in Heimen unter oft armseligen Bedingungen.

Demos in mehreren Städten

Allein in der russischen Hauptstadt waren 4000 Polizisten im Einsatz, wie Medien berichteten. Zur Zahl der Demonstrationsteilnehmer gab es stark voneinander abweichende Zahlen. Die Polizei sprach von maximal 9500 Teilnehmern, mehrere Oppositionspolitiker nannten dagegen rund 50.000.

In St. Petersburg nahmen rund 1500 Menschen an der Demonstration teil, wie eine Reporterin des Radiosenders Echo Moskwy berichtete. Der "Marsch gegen die Schurken" richtete sich auch dort gegen russische Bürokraten, die gegen Menschenrechte verstoßen.

US-Präsident Barack Obama hatte im Dezember den "Magnitsky-Act" unterzeichnet, der Sanktionen wie Einreiseverbote gegen kriminelle russische Beamte vorsieht. Dieses US-Gesetz geht zurück auf den in einem Moskauer Gefängnis qualvoll gestorbenen russischen Anwalt Sergej Magnitski. Die Staatsduma hatte als Antwort auf die US-Initiative ein Anti-Magnitski-Gesetz verabschiedet, das US-Bürger bestrafen soll.

(APA/dpa)

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