Wahl in Tschechien: Stürmt der "Fürst" die Prager Burg?

Stichwahl Tschechien Stuermt Fuerst
Stichwahl Tschechien Stuermt Fuerst(c) REUTERS (DAVID W CERNY)
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Haltung der Sozialdemokraten könnte Duell von Karel Schwarzenberg (75) gegen Miloš Zeman (68) entscheidend beeinflussen.

Prag. Tschechiens früherer EU-Kommissar Vladimír Špidla bildet sich ein, ein guter Analytiker und Kenner seines Landes zu sein. Doch am Wochenende war auch er platt: „Dass Schwarzenberg derart abschneiden würde, hätte ich nicht für möglich gehalten.“

Špidla war nicht der einzige Experte in Tschechien, der sich mit seiner Prognose für den Ausgang der ersten Runde der Wahl des Nachfolgers für Staatspräsident Václav Klaus vertan hatte. Die Tatsache, dass neben dem erklärten Favoriten Miloš Zeman, dem früheren linken tschechischen Premier, auch der amtierende Außenminister Karel Schwarzenberg in die Stichwahl in zwei Wochen kommt, hat alle überrascht. Selbst seine eigenen Anhänger in einem Prager Theater waren so überwältigt, dass sie ihn schon wie den kommenden Staatschef bejubelten und spontan die Nationalhymne anstimmten.

„Ich habe schon viele Schlachten geschlagen, die am Anfang aussichtslos erschienen“, schmunzelte der „Fürst“, wie die Tschechen den 75-Jährigen liebevoll nennen. Der böhmische Adelsspross, der vor der Revolution von Österreich aus die Dissidenten in der Tschechoslowakei unterstützt hatte und dafür von Václav Havel zum Kanzler gemacht wurde, brachte keine guten Voraussetzungen für die Wahl mit. Immerhin ist er Vizepremier der aktuellen Regierung, die im Volk wegen ihrer Sparpolitik so unbeliebt ist wie keine zweite vor ihr.

Doch die Tschechen, so ergaben die ersten Analysen, haben weniger nach Parteizugehörigkeit gewählt, sondern auf die Personen geachtet, die zur Wahl standen.

Zeman präsentiert sich als „Politprofi“

Das gilt auch für Schwarzenbergs Widersacher Miloš Zeman (68). Der rhetorisch begnadete, ausgefuchste Analytiker mit dem Hang zu Bonmots und zu scharfen Getränken gehörte in der jungen Geschichte Tschechiens zu den wenigen politischen Schwergewichten. Zwar ist er seit zehn Jahren nicht mehr aktiv in der Politik gewesen, doch diese Pause hat ihm eher gut getan. Angriffslustig bezeichnete er die derzeitige Politikerklasse als eine „Ansammlung von Amateuren“. Er sei Profi, habe in seiner Zeit als Premier von 1998 bis 2002 Tschechien aus der Krise geführt. Damit hat er seinen vermeintlich schärfsten Konkurrenten bei der Wahl, den farblosen Ex-Premier Jan Fischer, alt aussehen lassen, der für die Wähler zudem ein unscharfes Profil zeigte.

Dass Zeman am Ende mit 24,2 Prozent nur äußerst knapp vor Schwarzenberg (23,4 Prozent) landete, verspricht einen offenen Ausgang der Stichwahl.

Schwarzenberg nannte Zeman einen „Mann der Vergangenheit“, damit daran erinnernd, dass der einstige Chef der Sozialdemokraten gemeinsam mit Václav Klaus der Korruption Tür und Tor geöffnet habe, an der Tschechien bis heute schwer krankt. Zeman konterte mit der Bemerkung, dass Schwarzenberg ein „Mann der Gegenwart“ sei, alle Gesetze zum Nachteil der Masse der Bevölkerung mit zu verantworten habe. Er selbst, so Zeman, sei tatsächlich ein „Mann der Vergangenheit, aber ein erfolgreicher“.

Votum der Sozialdemokraten entscheidend

Zemans Linie vor der Entscheidungsschlacht ist klar: Er will daraus eine Richtungswahl zwischen links und rechts machen. Er hofft, dass sich die Tschechen hinter ihm scharen, die frustriert sind von Steuererhöhungen und Sparprogrammen.

Schwarzenberg sieht Tschechien auch vor einer Richtungswahl, aber einer zwischen dem „alten Tschechien“ der Ära Klaus-Zeman und einem „neuen Tschechien“, das prosperiert und wieder seinen Platz als „Kern Europas“ einnimmt.

Entscheidend dürfte sein, wie sich die Sozialdemokraten zu Zeman stellen. Zeman hatte die Partei einst groß gemacht, sich dann aber von ihr zutiefst zerstritten getrennt. Die Partei fürchtet, irgendwann regieren zu dürfen, dabei aber von einem Präsidenten Zeman gegängelt zu werden. Die Sozialdemokraten gaben denn auch nur eine sehr halbherzige Wahlempfehlung zugunsten Zemans ab. Vladimír Špidla hat bereits angekündigt, dass er nicht Zeman, sondern Schwarzenberg wählen wird. Sollte das linke Lager so uneinig bleiben, könnte der Fürst tatsächlich die Prager Burg erklimmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2013)

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