Österreichische Geisel in Algerien befreit

Algerien: Geiselnahme
Algerien: Geiselnahme "weiter im Gange"AP
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Die Geiselnahme ist weiter im Gang. Ein Niederösterreicher konnte sich vor den Islamisten verstecken. Er ist mittlerweile in Sicherheit.

Die blutige Geiselnahme in einer algerischen BP-Gasanlage ist noch nicht zu Ende. Die einzige österreichische Geisel hat das Martyrium aber bereits überstanden. Christoph Z. ist nicht mehr in der Gewalt der radikalen Islamisten. Der Niederösterreicher hat auch schon Kontakt zu seiner Familie sowie der österreichischen Botschaft in Algier  aufgenommen. Das erfuhr „Die Presse“ am Freitagnachmittag aus dem Außenministerium.

Christoph Z. konnte sich demnach während der Geiselnahme vor den islamistischen Entführern verstecken. Mittlerweile ist der 36-jährige Ölarbeiter frei und in Sicherheit. "Ihm geht es gut", versicherte das Außenministerium gegenüber der Austria Presse Agentur. Der Akademiker aus Niederösterreich hat allerdings seinen Pass verloren. Er wird nun einen Notpass erhalten. BP wird sich um seine Rückkehr nach Österreich kümmern. Z. soll über London-Gatwick nach Wien zurückgeflogen werden. Der Zeitpunkt steht noch nicht fest.

Am Freitagabend gab die algerische Armee bekannt, dass laut Sicherheitskreisen etwa 100 der 132 ausländischen Geiseln wieder frei sind. Noch unklar sei das Schicksal der anderen Geiseln, also ob sie noch festgehalten oder getötet wurden, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Freitag aus den Kreisen. Die Lage an dem Gasfeld Tiguentourine bei In Amenas in der Sahara ändere sich ständig, hieß es.

18 Islamisten "außer Gefecht gesetzt"

Zuvor wurde berichtet, dass bei der Erstürmun der besetzten Industrieoase algerische Einsatzkommandos einen der Geiselnehmer gefangen genommen haben. Der Mann habe bei einem "harten Verhör" ausgesagt, dass sein Kommando aus 32 Kämpfern der Brigade "Die mit dem Blut unterschreiben" bestanden habe, berichtet die algerische Zeitung "El Watan". Die Militärs hätten demnach sieben Hubschrauber eingesetzt. Sie überflogen das Gebiet auf der Suche nach Beschäftigten des Werks, die sich vor den Islamisten versteckt hätten.

Die algerische Agentur APS meldete, 18 Islamisten seien "außer Gefecht gesetzt" worden. Die Geiselnehmer waren nach algerischen Angaben auch mit Raketen und Granatwerfern bewaffnet. Sie wollten Ausländer gefangen nehmen und nach Mali verschleppen, um die am Mali-Einsatz beteiligten Länder unter Druck zu setzen.

Eine radikal-islamischen Gruppe hatte den Komplex am Mittwochmorgen gestürmt und ein Ende der französischen Militärintervention im benachbarten Mali gefordert. Die Situation spitzte sich dramatisch zu, als die algerische Armee am Donnerstag mit Boden- und Luftstreitkräften gegen die Geiselnehmer vorging. Nach Regierungsangaben wurden mehrere Geiseln befreit, jedoch habe es auch Tote und Verletzte gegeben. Sicherheitskreisen zufolge wurden 30 Geiseln getötet, darunter mindestens sieben Ausländer. Außerdem sollen mindestens elf Islamisten umgekommen sein. Die Islamisten selbst sprachen von 34 getöteten Geiseln und 15 toten Geiselnehmern und drohten mit der Ermordung von sieben verbliebenen Geiseln.

Weitere Angriff auf ausländische Firmen?

Die Geiselnehmer kündigten auch weitere Aktionen an. Die mauretanische Nachrichtenagentur ANI zitierte am Freitag einen Sprecher der Gruppe mit der Warnung, Algerier sollten sich von Einrichtungen ausländischer Firmen fernhalten.

Die Geiselnahme in Algerien haben auch zwei Franzosen nach den Worten des französischen Innenministers Manuel Valls unverletzt überlebt. "Was die zwei anderen (Franzosen) anbelangt, wenn es zwei andere gegeben hat, haben wir derzeit keine weiteren Informationen", fügte er am Freitag im Radiosender RTL hinzu. Ein  Franzose hat die Geiselnahme in Algerien überlebt, indem er sich in seinem Zimmer auf dem Industriegelände stundenlang unter seinem Bett versteckt hielt. "Ich habe mich fast 40 Stunden lang in meinem Zimmer versteckt", sagte Alexandre Berceaux am Freitag dem Sender Europe 1.

"Wurde viel geschossen"

"Ich war unter dem Bett, ich habe für den Fall des Falles überall Bretter festgemacht. Ich hatte ein bisschen Essen, ein bisschen was zu trinken, ich wusste nicht, wie lange es dauern würde", sagte der Mann, der sich noch in Algerien aufhielt. "Ich denke, es gibt noch Menschen, die sich versteckt haben. Sie sind dabei, sie zu zählen", fügte er hinzu.

Nach Angaben des Franzosen, der für die Cateringfirma CIS arbeitete, wurde während der Geiselnahme "in Abständen viel geschossen". Nach dem Alarm für die Bediensteten habe er zunächst nicht gewusst, ob es sich nur um eine Übung oder um den Ernstfall handele. "Niemand hat damit gerechnet. Die Anlage war geschützt. Es sind Militärkräfte vor Ort." Zur Lage vor Ort sagte Berceaux: "Es gibt tote Terroristen, Ausländer, Einheimische." Als das algerische Militär schließlich kam, habe er die Tür nur aufgemacht, weil Kollegen dabei waren, die er erkannt habe. Nach seinen Angaben gab es einen Verletzten im Lager des Restaurants. Drei Briten seien gerettet worden, die sich dort hinter einer Zwischendecke versteckt hätten.

Kritik aus Japan, Norwegen, USA

Indes hagelte es aus dem Ausland Kritik an der algerischen Militäraktion. Tokio sei über die Militäroperation zur Befreiung der Geiseln nicht informiert worden, sagte der japanische Regierungssprecher Yoshihide Suga am Freitag. Die Operation sei bedauerlich, wurde Suga von japanischen Medien zitiert. Das Schicksal von 14 Landsleuten sei noch unklar, hieß es in Tokio. Drei Japaner seien in Sicherheit.

Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg beklagte am Donnerstagabend, man habe noch immer keine sicheren Informationen über das Schicksal der Geiseln. Stoltenberg sagte in Oslo, dass seine Regierung Algerien offiziell um militärische Zurückhaltung zum Schutz der Geiseln gebeten habe. Er sei dann zu Mittag  telefonisch von seinem algerischen Kollegen lediglich über die bereits laufende Militäraktion informiert worden. Auch die offiziellen Informationen aus Algier nach dem vermutlichen Abschluss des Militäreinsatzes sei unvollständig gewesen. Auch die USA forderten "Klarheit" von Algier.

(CU/APA/dpa/Reuters/AFP)

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