Start in zweite Amtszeit mit zwei Bibeln und zwei Eiden

Barack Obama is sworn in during the inauguration ceremony in Washington
Barack Obama is sworn in during the inauguration ceremony in WashingtonREUTERS
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Wie 2009 spricht Obama heuer gleich zwei Mal den Schwur: Diesmal zwingt ihn der Kalender dazu.

Washington. Wenn John Roberts den Präsidenten Sonntag, kurz vor Mittag (Ortszeit), in einer privaten Zeremonie im Weißen Haus auf dessen zweite Amtszeit einschwört, hat er bereits eine gewisse Routine darin. Vor vier Jahren unterlief dem Chefrichter des Obersten Gerichtshofs bei der Eidesformel vor dem Kapitol nämlich ein kleiner Fauxpas. Roberts versprach sich, sein Harvard-Alumnus Obama – ebenfalls Chefredakteur der renommierten „Harvard Law Review“ – folgte ihm aufs Wort, und schon war eine Verfassungskrise heraufbeschworen.

Um gegen spitzfindige Anfechter gefeit zu sein, und damit alles seine Richtigkeit hatte, gelobte Roberts den Präsidenten am Nachmittag im Weißen Haus noch einmal an. Diesmal läuft das Prozedere indessen umgekehrt. Am Sonntag vollzieht Roberts die Angelobung im Weißen Haus, tags darauf dann coram publico vor den Stufen des Kapitols.

Martin-Luther-King-Day

Seit den 1930er-Jahren steht der 20. Jänner als Tag der Inauguration fest, zuvor war der Termin auf Anfang März festgesetzt. Wie der kalendarische Zufall es will, fällt die öffentliche Angelobung diesmal auf den dritten Montag im Jänner – seit 1986 ein staatlicher Feiertag: der Martin-Luther-King-Day, anlässlich des Geburtstags des ermordeten schwarzen Bürgerrechtsführers. Als gelehriger Schüler weiß Barack Obama den Anlass zu würdigen. Er lässt sich auf die historischen Bibeln seiner deklarierten Vorbilder einschwören: King und Abraham Lincoln.

Die längste Inaugurationsrede von zwei Stunden hielt im März 1841 William Harrison. Das sollte sich bitter rächen. Denn Harrison zog sich eine Lungenentzündung zu, an der er 30 Tage später starb. Auch dies war indes geschichtsträchtig: Harrison schaffte als Präsident mit der kürzesten Amtszeit den Eintrag in die Annalen.

Angelobung in Air Force One

Der Jänner-Termin hat ohnehin seine Tücken. Harsche Wintertemperaturen zwangen Ronald Reagan zum Auftakt seiner zweiten Amtsperiode 1985 dazu, die Angelobung in die Rotunda des Kapitols zu verlegen. Der 43-jährige John F. Kennedy trotzte im jugendlichen Elan dem eisigen Wind, als er 1961 bloß im Anzug seine geflügelten Worte an die Nation richtete: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst.“ Sie gingen als Klassiker in den Kanon der Inaugurationsreden ein.

Es ging damals ungezwungener zu. Nach der Angelobung hielt es Kennedy nicht im Weißen Haus, er schneite unangemeldet bei Freunden im Washingtoner Nobelviertel Georgetown herein, wo er selbst als Senator gewohnt hatte – als Nachbar und Freund des späteren „Washington Post“-Chefredakteurs Ben Bradlee. Das Attentat in Dallas rund 1000 Tage später markierte eine Zäsur. Im Beisein der Kennedy-Witwe Jackie wurde Vizepräsident Lyndon B. Johnson an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One, neben dem Sarg des Vorgängers, noch auf dem Rollfeld des Love-Field-Airport in Dallas als Kennedys Nachfolger vereidigt.

Auf einen Blick

Inauguration. Der 20. Jänner markiert seit 1937 den Termin für den Amtsbeginn jedes US-Präsidenten. Weil das Datum heuer auf einen Sonntag fällt, legt Barack Obama den Amtseid gleich zwei Mal ab: Sonntagmittag in einer privaten Zeremonie im Weißen Haus, am Montag dann traditionell vor den Stufen des Kapitols. Zur Angelobung werden heuer weniger Menschen nach Washington strömen als noch vor vier Jahren, als sich eine Rekordmenge von 1,7Millionen Menschen rund um die Prachtmeile Mall versammelten.

Am Montag begehen die USA indessen den Geburtstag des Bürgerrechtshelden Martin Luther King mit einem Feiertag. Bis zu einer Million Amerikaner, so die Schätzungen, werden der Inaugurationsfeier beiwohnen. Aus dem Anlass wird Obama auf zwei Bibeln eingeschworen: auf die Kings und Abraham Lincolns.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2013)

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