Beneš-Dekrete lassen die Wogen hochgehen

BeneDekrete lassen Wogen hochgehen
BeneDekrete lassen Wogen hochgehen(c) REUTERS (DAVID W CERNY)
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Karel Schwarzenberg musste sich jetzt wieder in einer TV-Diskussion verteidigen: Hat Tschechiens Außenminister den früheren Präsidenten Edvard Beneš als Kriegsverbrecher bezeichnet?

Prag. Eine Woche vor dem Finale bei der tschechischen Präsidentenwahl liegt der frühere Regierungschef Miloš Zeman vor Außenminister Karel Schwarzenberg. Das ergab eine gestern veröffentlichte Umfrage des Prager Meinungsforschungsinstituts ppm factum. Zeman käme demnach auf 53,7 Prozent, Schwarzenberg auf 46,3 Prozent.

Der Chef des Meinungsforschungsinstituts erklärte, Zeman sei derzeit Favorit, aber nicht Sieger. Niemand wisse, was für unerwartete Ereignisse in der Woche vor der Stichwahl eintreten könnten. Vielleicht ist eines dieser Ereignisse die plötzliche Diskussion über die Dekrete des einstigen tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Beneš, aufgrund derer die Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben und enteignet wurden.

Karel Schwarzenberg musste sich jetzt wieder in einer TV-Diskussion verteidigen: Zeman warf ihm vor, Beneš in einer anderen, vorherigen TV-Diskussion als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet zu haben, der vor das Haager Tribunal gehöre. Schwarzenberg wies den Vorwurf zurück: „Ich habe das über den Präsidenten Beneš nie gesagt. Ich habe nur gesagt, dass heute für ähnliche Taten ehemalige Politiker und Generäle des ehemaligen Jugoslawiens oder Afrikas vor den Internationalen Strafgerichtshof kommen.“ Schwarzenberg versuchte klarzustellen: „Ich gestehe ein, dass ich mich ungenau ausgedrückt habe.“ Die Beneš-Dekrete hätten nur die Wirkung verloren. „Sie sind weiterhin ein gültiger Bestandteil der tschechischen Rechtsordnung.“

Zeman zieh Schwarzenberg der Lüge: „Sie haben ganz klar Edvard Beneš genannt. Sie sagen also nicht die Wahrheit.“ Schwarzenberg konterte: „Ich habe Beneš genannt, aber nicht als Kriegsverbrecher bezeichnet.“

Daraufhin erklärte Zeman, bisher hätte er „voll und ganz respektiert, wenn Sie Präsident der Tschechischen Republik würden. Aber jemand, der einen der Präsidenten der Tschechoslowakei als Kriegsverbrecher bezeichnet, redet wie ein ,Sudetak‘ (abwertender tschechischer Ausdruck für Sudetendeutsche, Anm.), nicht wie ein (tschechischer) Präsident.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2013)

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