Niedersachsen: FDP schafft Sensation, Patt zeichnet sich ab

Niedersachsen schafft Sensation
Niedersachsen schafft Sensation(c) Dapd (Sascha Schuermann)
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Schwarz-Gelb und Rot-Grün liegen bei der Regionalwahl fast exakt gleichauf. Linke und Piraten sind nicht im Landtag. Die Grünen erzielen ihr bisher bestes Ergebnis.

Berlin/Gau Mit großer Spannung erwarteten die Deutschen am Sonntag das Ergebnis der Regionalwahl in Niedersachsen. Sie galt als wichtigster politischer Stimmungstest vor der Bundestagswahl im Herbst. Ein Prognose erfüllte sich: Zwischen dem schwarz-gelben Regierungslager und der der rot-grünen Opposition gab es ein extrem knappes Kopf-an-Kopf-Rennen. Aber in den Details kam vieles völlig anders als gedacht.

In den Hochrechnungen vom Abend lagen beide Lager fast exakt gleichauf. Damit war nicht abzusehen, ob Ministerpräsident David McAllister seine Wunschkoalition fortsetzen kann. Jedenfalls verlor seine CDU stark: Sie kam laut Hochrechnung auf 36,6 Prozent, nach 42,5 Prozent bei der letzten Wahl im Jahr 2008. Aber die FDP, die es nach den meisten Umfragen nicht einmal in den Landtag hätte schaffen dürfen, erzielte mit 9,9 Prozent sogar ein besseres Ergebnis als vor fünf Jahren (mit 8,2 Prozent).

CDU-Leihstimmen für Liberale

Die Ergebnisse der beiden Parteien sind in Summe zu sehen. Fast ein Drittel der Wähler entschieden sich erst in den letzten Tagen vor der Wahl. Viele CDU-Anhänger „verliehen" ihre Stimme aus taktischen Gründen der FDP, um sie im Landtag in Hannover zu halten und damit eine rot-grüne Machtübernahme zu verhindern.

So kam ein verzerrtes Resultat zustande, das dem angezählten FDP-Parteichef Philipp Rösler dennoch als Rettungsanker dient. Der für Anfang Mai geplante Parteitag, an dem der liberale Spitzenkandidat für die Bundestagswahl zu nominieren ist, dürfte nun nicht vorgezogen werden. Dem Niedersachsen Rösler hat seine Heimat eine Verschnaufpause beschert.
Die Linkspartei hingegen schaffte den Wiedereinzug mit 3,3 Prozent nicht. Einmal mehr zeigt sich, dass die PDS-Nachfolgepartei im Westen Deutschlands keinen Fuß mehr in die Tür bekommt und auf eine ostdeutsche Regionalpartei reduziert wird.

Die Piraten scheiterten bei ihrem ersten Anlauf mit 1,9 Prozent. Die Dynamik, die diese Politikneulinge im vergangenen Frühling schwungvoll in drei Landtage gespült hat, scheint gebrochen.
Die Grünen dürfen sich mit 13,4 Prozent über ihr bisher bestes Ergebnis im flächenmäßig zweitgrößten Bundesland freuen. Das stärkt auch in Berlin ihr Selbstbewusstsein gegenüber der Bundes-SPD, der sie sich als Partner im Wahlkampf mit Haut und Haaren verschrieben haben.

Rot-Grün konnte dem Regierungslager in Niedersachsen gegenüber 2008 zwar etwa fünf Prozentpunkte abtrotzen, aber lange hatten die Angreifer in den Umfragen einen deutlichen Vorsprung. Erst in den letzten Monaten holtedas Regierungslager wieder auf. Die SPD erreichte mit ihrem Spitzenkandidaten Stephan Weil mit 32,3 Prozent zwei Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren, als sie ihr bisher schlechtestes Ergebnis erzielte. Doch ob der Zuwachs für den Machtwechsel knapp reicht oder nicht: Peer Steinbrück kann nach dem respektablen Resultat vorerst aufatmen. Der bisher eher glücklos agierende SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl sitzt nun etwas fester im Sattel. Die Spekulationen, man werde ihn mitten im Wahlkampf noch austauschen, dürften verstummen - zumindest solange er sich nicht neue Fettnäpfchen leistet.

Die Wahlbeteiligung lag mit 60,5 Prozent höher als vor fünf Jahren; damals hatte sie allerdings mit 57 Prozent einen historischen Tiefststand erreicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2013)

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