Israel wählt heute ein neues Parlament

Israel waehlt neues Parlament
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Es zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Der rechtskonservative Premier Netanjahu darf laut Umfragen mit dem Machterhalt rechnen.

5,6 Millionen Israelis sind heute dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Dabei zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Nach verhaltenem Beginn gaben bis zum Mittag bereits knapp 27 Prozent der 5,6 Millionen Berechtigten ihre Stimme ab, vor einigen Wahllokalen in Jerusalem bildeten sich lange Schlangen. Umfragen lassen einen Rechtsruck erwarten, doch kann Regierungschef Benjamin Netanyahu von der Likud-Partei damit rechnen, an der Macht zu bleiben.

Begleitet von einem verstärkten Sicherheitsaufgebot öffneten die Wahllokale in Israel und den jüdischen Siedlungen im Westjordanland um 7 Uhr Ortszeit (6 Uhr MEZ) und sollten um 22 Uhr (21 Uhr MEZ) schließen. Israelische Fernsehsender dürften unmittelbar danach erste Prognosen veröffentlichen. Die Wahlbeteiligung lag mittags klar über der vor vier Jahren, als zu diesem Zeitpunkt erst etwa 23 Prozent der Wahlberechtigten votiert hatten.

Die Listenverbindung der Likud-Partei von Netanjahu und der Partei Unser Haus Israel (Yisrael Beitenu) muss den letzten Umfragen zufolge mit Verlusten rechnen. Dem Rechtsbündnis wurden 32 bis 35 Sitze in der nächsten Knesset vorausgesagt, bisher hatten sie 42 Sitze. Insgesamt können die rechten, religiösen und siedlerfreundlichen Parteien mit etwa 65 der 120 Mandate rechnen. Die Parteien der politischen Mitte und links davon sind zerstritten.

Mit Spannung erwartet wurde bei der Wahl das Abschneiden der religiösen Kleinpartei Jüdisches Heim (Habayit Hayehudi) von Netanyahus früherem Kabinettschef Naftali Bennett. Sie könnte die drittstärkste Kraft werden und damit einen stärkeren Einfluss auf die künftige Regierung bekommen. Der 40-jährige Bennett hatte im Wahlkampf erfolgreich rechts vom Bündnis aus Likud und Unser Haus Israel Wählerstimmen gefischt und Netanyahu zu einem Rechtsschwenk veranlasst. Bennett schließt die Anerkennung eines eigenen Palästinenserstaates kategorisch aus.

Wirtschaft und Soziales im Zentrum der Wahl

Die Regierungskoalition aus Wichtigste Themen für die Wähler sind nach Umfragen Wirtschaft und Soziales. Dagegen haben die meisten Israelis den Glauben an einen Frieden mit den Palästinensern verloren. Auch der Atomstreit mit dem Iran stand nicht im Zentrum des Wahlkampfes.

Netanjahu gab am frühen Morgen im West-Jerusalemer Stadtteil Rehavia seine Stimme ab. Begleitet wurde er von seiner Ehefrau Sara und den beiden Söhnen. "Likud-Beitenu vertritt das ganze Volk. Je stärker Likud-Beitenu ist, umso leichter wird es sein, Israel erfolgreich zu führen", sagte Netanjahu. Nach der Stimmabgabe begab er sich an die Klagemauer in der Altstadt, wo er nach jüdischem Brauch einen Zettel in die Mauerritzen steckte. Medienberichten zufolge stand darauf: "Mit Gottes Hilfe, für Israels Zukunft".

Auf Netanjahu warten in einer möglichen weiteren Amtszeit große Herausforderungen. Zwar ist die Wirtschaft in vergleichsweise gutem Zustand, im vergangenen Jahr war jedoch das Haushaltsdefizit doppelt so hoch wie vorhergesagt. International wird sich Netanjahu dem Druck der Staatengemeinschaft ausgesetzt sehen, den Dialog mit den Palästinensern wieder aufzunehmen. Weiterer Druck erwächst durch das iranische Atomprogramm. Der Westen verdächtig Teheran, unter dem Deckmantel eines zivilen Programm nach Atomwaffen zu streben. Der Iran bestreitet dies vehement.

Der Regierungschef der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen, Ismail Haniyeh, erwartet nach eigenen Worten als Ergebnis der Wahl eine "noch extremistischere Regierung" in Israel. Haniyeh forderte "Palästinenser, Araber und Muslime" zu einer gemeinsamen "Strategie" gegen Israel auf.

(APA/sda)

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