Von der »Ballonbombe« zum fliegenden »Sensenmann«

Über Verbreitung und Geschichte der militärischen Drohnentechnik und die Pionierrolle, die Österreich dabei schon im 19. Jahrhundert spielte.

Drohnen sind im Grunde ferngesteuerte Flugzeuge oder Hubschrauber, die nicht nur Spielzeug sind. Für sie gibt es viele Anwendungen: zur Beobachtung aus der Luft in vielerlei Spektren (etwa sichtbares Licht, Infrarot, magnetisch), zum Aufspüren von Radioaktivität, zur Wetterbeobachtung, für Transporte, für schöne Luftbilder und so fort. Laut Experten gibt es weltweit mehr als 680 Drohnenmodelle.

Die meisten sind ziviler Art: In Großbritannien etwa haben mehr als 130 Firmen Drohnenfluglizenzen, etwa Strom- und Filmunternehmen. Sie gelten meist nur für Kleingeräte von maximal 20Kilogramm Gewicht, die nicht höher als ca. 120Meter fliegen dürfen. Militärdrohnen sind typischerweise für mittlere und große Höhen (durchaus über zwölf Kilometer) gedacht.

Bewaffnete Drohnen sind in der Minderheit. Hauptnutzer sind die USA mit der „Reaper“ (Sensenmann) und „Predator“ (Raubtier), die „Hellfire“-Panzerabwehrraketen und Bomben abwerfen; sie wurden u.a. an Italien, Marokko, Großbritannien und die Türkei verkauft. Zählt man nationale Kampfdrohnenbauten dazu, wie in Israel, China und Indien, dürfte ein Dutzend Länder solche Waffen besitzen. Verkompliziert wird die Lage, da unbewaffnete Aufklärer (etwa Israels „Heron“ und Frankreichs „Harfang“) von Erbauern und Exportkunden durchaus bewaffnet werden bzw. werden könnten. Auch die „Camcopter“-Minihubschrauber des Wiener Herstellers „Schiebel“, die man öffentlich als Aufklärer bewirbt, wurden auf Rüstungsmessen mit leichten Raketen bestückt. Kampfdrohnen könnten bald in mehr als 75 Ländern fliegen.

Wien, das war der Geburtsort der Drohnentechnik: 1848/49 baute hier der Offizier und Artillerieingenieur Franz von Uchatius, ein Niederösterreicher, bombenbestückte Ballone. Die Bomben wurden durch Abbrennen einer Zündschnur oder elektrisch durch einen Draht abgeworfen und zugleich entzündet. Als Feldmarschall Radetzky 1849 Venedig belagerte und sah, dass die Reichweite seiner Kanonen vor der Lagunenstadt zu gering war, ließ er Uchatius kommen. Der startete im Juni und Juli über 110 „Ballonbomben“ gegen Venedig; wegen ungünstigen Wetters war die Wirkung minimal, die Waffe verschwand in der Versenkung. Uchatius' Ehrengrab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14 A, Nummer 35).

Irans „fliegende Panzerfäuste“. Gegen 1900 schrieb der serbischstämmige Erfinder Nikola Tesla von ferngesteuerten Bombern und baute einen fernlenkbaren Minizeppelin. Im Ersten Weltkrieg bauten die USA Prototypen eines unbemannten Flugzeugs, das nach einer bestimmten Zeit abstürzte, im Vietnamkrieg setzten die USA Aufklärungsdrohnen ein. Der Iran baute in den 1980ern im Krieg mit dem Irak große Modellflugzeuge mit Panzerfäusten. Moderne Kampfdrohnen fliegen seit der Jahrtausendwende, beginnend Ende 2001 mit Predators in Afghanistan.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2013)

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