Militäroperation in Mali: Wien schickt Sanitäter

Mali Wien schickt Sanitaeter
Mali Wien schickt Sanitaeter(c) REUTERS (BENOIT TESSIER)
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Der Krieg in Mali bestimmte die Münchner Sicherheitskonferenz. Verteidigungsminister Darabos will nun doch eine Handvoll Soldaten entsenden. Der Druck der EU-Partner ist offenbar stärker geworden.

Wie man eine Kehrtwende macht, darin hat Österreichs Verteidigungsminister Norbert Darabos ja mittlerweile Übung. Und so nützte er am Samstag die Münchner Sicherheitskonferenz, um seinen Schwenk in der Mali-Politik zu verkünden: Hatte er vor zwei Wochen eine Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission für die malische Armee noch ausgeschlossen – das Bundesheer sei mit seinen Auslandseinsätzen ausgelastet – war nun plötzlich alles anders: Ja, man werde sich beteiligen, und zwar mit einer einstelligen Zahl an Sanitätern aus dem Jagdkommando, sagte Darabos. Das Ziel der Mission ist ambitioniert: Malis Armee soll befähigt werden, die Gebiete im Norden zu halten, die sie dieser Tage unter Schützenhilfe Frankreichs von den Islamisten zurückerobert haben.

Österreich wird das Angebot am Dienstag bei der Truppenstellerkonferenz in Brüssel unterbreiten. Außenminister Michael Spindelegger hat zuletzt vehement auf einen Einsatz in Mali gedrängt. Der Druck der EU-Partner auf die Regierung in Wien, nicht abseitszustehen, war offenbar stärker geworden. Deutschlands Ex-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung hatte am Freitag das Zögern Österreichs und anderer Staaten als „völlig unverständlich“ bezeichnet. Von steigendem Druck spricht Darabos freilich nicht, nur von „vielen Gesprächen“, die er in München geführt habe.

„Nachdem schon mehr als 20 Staaten ihren Beitrag gemeldet haben, ist es verantwortbar, dass wir das auch tun“, sagte der Verteidigungsminister im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ und entdeckte die „europäischen Solidarität“, um die es jetzt gehe. Letztlich habe er auch deswegen seine „Skepsis zurückgenommen“, weil die Sicherheitslage im Süden Malis und in der Hauptstadt Bamako, wo die Mission vermutlich beheimatet sein wird, einen Einsatz „guten Gewissens“ zulasse: „Die Kämpfe sind ja im Norden.“ In Paris rechnet man allerdings damit, dass die schwierigeren Militäroperationen dort erst noch bevorstehen.

Hollande auf Mali-Visite.
Erstmals seit Beginn der Intervention vor drei Wochen kam gestern Frankreichs Präsident François Hollande nach Mali. In der Wüstenstadt Timbuktu besuchte er die französischen und malischen Truppen. Jean-Claude Mallet vom Pariser Verteidigungsministerium beschrieb derweil in München das Bedrohungspotenzial eines Terrorstaats vor der Haustür Europas: „Als wir 2012 an die Regierung kamen, war eines der ersten Themen der Versuch von Terroristen der Gruppe ,al-Qaida im Maghreb‘, in Frankreich einzudringen. Es gab drei Anschlagsversuche.“

Als man dann rund um den 9. Jänner festgestellt habe, dass es eine ungewöhnliche Konzentration von Truppen der Rebellen gab – 200 Pick-ups und 25 Lastwagen mit in Summe etwa 1300 Kämpfern, habe Frankreich rasch reagieren müssen, erklärte Mallet: „Da stand plötzlich die Existenz des malischen Staates auf dem Spiel.“ Dass Frankreich von den europäischen Partnern weitgehend alleingelassen wurde, will er so nicht gelten lassen. Allerdings begründet Paris den Umstand, dass es zu keinem Einsatz der EU-Battlegroups kam – derzeit gebildet von Truppen aus Deutschland, Frankreich und Pollen – auch damit, dass die Entscheidungs-Prozeduren woanders, sprich in Deutschland, eben langwieriger seien. Viel diskutiert wurde in München auch, ob sich die EU nicht viel zu lange Zeit gelassen habe, um auf den Mali-Konflikt zu reagieren. Dieser Ansicht ist etwa Ex-Verteidigungsminister Jung: „Hier ist die europäische Sicherheit bedroht, da wäre es besser gewesen, früher mit einer europäischen Mission und einer klaren Strategie diese Bedrohung zu beseitigen.“

Einer, der diese Politik wie seine Westentasche kennt, ist da anderer Meinung: Javier Solana, der ehemalige Außenbeauftragte der EU. Er spricht sogar von einer „raschen Reaktion“ Europas: Niemand habe erwartet, dass sich „die Situation so dramatisch verschlechtere“, sagte er im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Man habe nicht gestatten dürfen, dass die Islamisten weiter nach Süden vorrückten. „Ich bin sehr froh, dass die EU realisiert hat, welch große Rolle der Sahel als Zone der Instabilität spielt.“ In Zeiten, in denen sich die USA tendenziell zurückziehen, sei es an Europa, auf besser organisierte Weise zu reagieren, forderte Solana mit einer leichten Spitze gegen das weitgehende Abseitsstehen der USA in der Mali-Krise.

Eine wachsende Kluft zwischen Europa und den USA? Wortreich versuchte US-Vizepräsident Joe Biden, diesen Eindruck vom Tisch zu wischen: Noch nie seien die transatlantischen Beziehungen so tief gewesen, meinte Biden: „Europa ist unser unerlässlicher Partner und erste Anlaufstelle. Wir brauchen euch, und, in aller Bescheidenheit, ihr braucht uns.“ Deutschlands Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte dies zum Auftakt der Konferenz mit der ihm eigenen Nüchternheit etwas anders formuliert: „Europa ist vielleicht nicht der bestdenkbare Partner für die USA. Aber der bestmögliche. Und umgekehrt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2013)

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