München: Irans und Russlands Zick-Zack-Tanz

Muenchen Irans Russlands ZickZackTanz
Muenchen Irans Russlands ZickZackTanz(c) EPA (MARC MUELLER)
  • Drucken

Irans Außenminister Ali Akbar Salehi hält Assad die Stange, trifft aber trotzdem dessen Kontrahenten - ebenso wie Amtskollege Sergej Lawrow.

München. Es war, als hätte man die Uhr zurückgedreht: Mit drastischen Worten wird die Situation in Syrien beschrieben, lautstark wird die Unfähigkeit des UN-Sicherheitsrats beklagt, das Morden zu stoppen – und US-Senator John McCain fordert, den syrischen Rebellen doch endlich Waffen zu liefern. Dass die Münchner Sicherheitskonferenz 2013 zum Thema Syrien ein Déjà-vu des Vorjahres lieferte, ist der deutlichste Beweis dafür, wie hoffnungslos die Situation in dem bürgerkriegsgeplagten Land ist – besonders, wenn man einen gewichtigen Unterschied betrachtet: Im Februar 2012 sprach man von 5000 Toten in dem Konflikt. Ein Jahr später hält man bereits 60.000 fest.

Und noch eine Differenz gibt es: Während im Vorjahr Russlands Außenminister Sergej Lawrow den Zyniker vom Dienst gab – während er in München auftrat, ließ er seinen Adlatus im Sicherheitsrat in New York ein Veto zum Schutze des syrischen Regimes einlegen – nahm heuer Irans Diplomatiechef Ali Akbar Salehi diese Rolle ein. Statt von Gräueltaten des Regimes spricht er lieber von gewissen „Mängeln“ und „Fehlern“, die es in dem Land „möglicherweise gibt“. Deswegen dürfe das Ausland aber noch lange nicht einen Regimewechsel fordern: „Wie kann man einem Staatschef nur sagen, dass er abtreten soll?“ Die Lösung müsse aus dem Land selbst kommen, sagte Salehi und forderte Wahlen unter internationaler Beobachtung. Dann werde man ja sehen, wen die Syrer wählen würden.

Lawrow trifft Oppositionellen

Kleine Fortschritte in Sachen Syrien hat es dennoch gegeben: Kurz vor der Münchner Konferenz hat sich mit der „Nationalen Koalition der syrischen revolutionären und oppositionellen Kräfte“ ein neuer Dachverband der Assad-Gegner gebildet. Dessen Chef Sheikh Moaz al-Khatib richtete einen Appell an die Staatengemeinschaft, den Menschen in Syrien beizustehen.

Und sowohl Lawrow als auch Salehi nützten die Gelegenheit, um in München mit ihm zusammenzutreffen. Ein klares Zeichen, dass man sich in Moskau und Teheran schön langsam auch auf die Zeit nach Assad vorzubereiten beginnt.

„Die westlichen Medien messen, wie lange die Bärte der Rebellen sind, aber sie schauen kaum mehr auf die Massaker des Regimes“, klagte al-Khatib, der versuchte, die Angst vor einem wachsenden Einfluss der Jihadisten zu zerstreuen. Eine Angst, die US-Senator John McCain bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck brachte: „Wir haben nicht eingegriffen, weil die Gegner einer Intervention vor den schlimmen Dingen warnten, die dann passieren würden. Nun sickern immer mehr Jihadisten aus aller Welt ein. Und in den Flüchtlingslagern züchten wir eine ganz neue Generation von ihnen heran.“ Und ausnahmsweise war John McCain bei der Warnung vor den sunnitischen Extremisten mit Irans schiitischem Außenminister Salehi sogar einer Meinung.

Salehi ging am Sonntag auch auf die Avancen von US-Vizepräsident Joe Biden ein. „Wir sind bereit zu einem Treffen mit der iranischen Führung, und wir würden aus einem solchen Treffen kein Geheimnis machen“, hatte dieser am Samstag ein Gesprächsangebot vorgelegt, mit einer Einschränkung freilich: Es müsse eine klare Agenda geben, über die man sprechen könne. „Der Ball liegt bei den Iranern.“ Und die spielten ihn tags darauf zurück. Zunächst reagierte Salehi positiv: Auch er bekundete Gesprächsbereitschaft und nannte Bidens Angebot einen „Schritt in die richtige Richtung“.

„Das passt nicht zusammen“

Doch je mehr er sich über das Thema ausließ, desto klarer wurde, dass es mit solchen Gesprächen so bald nichts werden würde. Die seien nämlich nur möglich, wenn die USA ihre Haltung ändern würden, sagte Salehi: „Auf der einen Seite sagen sie, sie wollen bilaterale Verhandlungen, auf der anderen droht man uns mit Krieg und spricht von Druck, der ausgeübt werden soll. Das passt nicht zusammen.“

Man sei nicht an Konflikt interessiert, aber das Wichtigste sei Irans Unabhängigkeit: „Dafür sind wir bereit, jeden Preis zu zahlen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Wie vital ist der transatlantische Patient?

Nato-Generalsekretär Rasmussen warnte die Allianz vor weiteren Rüstungskürzungen.
Nahost SaudiPrinz kritisiert Tatenlosigkeit
Außenpolitik

Nahost: Saudi-Prinz kritisiert Tatenlosigkeit der USA

"Der Bär verhält sich derzeit wie eine schnurrende Katze": Turki al-Faisal fordert eine aktivere Rolle der USA im Nahost-Friedensprozess.
AtomKonflikt Iran koennten doch
Außenpolitik

Iran: "Verhandeln nur, wenn USA Haltung ändern"

Teheran reagiert bei der Münchner Sicherheitskonferenz zurückhaltend auf das US-Verhandlungs-Angebot im Atomstreit.
McCain
Außenpolitik

McCain: Syrische Luftwaffe zerstören

Der republikanische Ex-Präsidentschaftskandidat kritisiert die Politik seines Heimatlandes - und fordert eine rasche Intervention in Syrien.
Biden bereit Treffen iranischer
Außenpolitik

Biden: "USA bereit zu Treffen mit iranischer Führung"

US-Vizepräsident Joe Biden ruft bei der Münchner Sicherheitskonferenz den Iran zu direkten bilateralen Verhandlungen über sein Atomprogramm auf.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.