Deutsche Politiker bereitet das Antreten von Berlusconi bei Italiens Parlamentswahlen Sorgen. Der Ex-Premier stehe nicht für eine zukunftsorientierte Politik. Auch fehle dem Medienzaren Glaubwürdigkeit.
Die schwarz-gelbe Koalition in Deutschland beunruhigt angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen in Italien eine mögliche Rückkehr von Silvio Berlusconi an die Regierungsspitze. "Wir sind natürlich nicht Partei im italienischen Wahlkampf. Aber wer auch immer die neue Regierung stellt, wir setzen darauf, dass der proeuropäische Kurs und die notwendigen Reformen fortgeführt werden", sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe).
Westerwelle verfolge den italienischen Wahlkampf sehr genau, hieß es demnach aus seinem Umfeld. Italien sei aufgrund seiner Größe und Wirtschaftskraft "ein Schlüsselland zur Überwindung der europäischen Schuldenkrise". Die Fortführung des unter der Regierung von Mario Monti begonnenen Reformkurses sei daher von großer Bedeutung nicht nur für Italien selbst, sondern für ganz Europa.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sagte der "SZ": "Italien braucht ein politisches Führungspersonal, mit dem man Zukunft verbindet. Dafür steht Berlusconi sicherlich nicht." Es gehe "auch um Vertrauen und Glaubwürdigkeit". "Die Gerichtsverfahren, die gegen Berlusconi laufen, wirken sich negativ auf seine politische Glaubwürdigkeit aus", kritisierte Polenz. In einer Lage, in der Italien wieder Tritt fassen müsse, erhielten solche Defizite besonderes Gewicht.
Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, verwies in der "SZ" auf Berlusconis juristische Probleme. "Letztlich wissen auch die italienischen Bürgerinnen und Bürger um die Konsequenzen einer solchen Wahl. Es gibt eine Dauerbelastung zwischen Regierungschef und Justiz", sagte der SPD-Politiker.
Italien-Wahl & Berlusconi-Prozess
In Italien wird am kommenden Sonntag und Montag ein neues Parlament gewählt. In Umfragen hatten die hinter Ex-Premier Silvio Berlusconi stehenden Mitte-Rechts-Parteien zuletzt deutlich aufgeholt. Der Vorsprung des Mitte-Links-Bündnisses mit dem sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani hingegen schmolz zusammen. Bersani will im Falle eines Wahlsiegs die Reformagenda des derzeitigen Regierungschefs Mario Monti fortsetzen, der mit seinen Maßnehmen Italien aus der Schuldenkrise zu führen versuchte.
Gegen Berlusconi laufen mehrere Gerichtsverfahren. Im Rubygate-Prozess wird ihm vorgeworfen, 2010 mit der damals minderjährigen marokkanischen Tänzerin Karima El Mahrough alias Ruby Sex gehabt und seine Macht als Ministerpräsident missbraucht zu haben, um Rubys Freilassung nach ihrer Festnahme wegen Diebstahls zu erwirken.
Wird Prodi Italiens neuen Präsident?
Die bevorstehenden Wahlen sind aber nicht das Einzige, das Italiens Politiker derzeit in Atem hält. Auch die Frage nach der Nachfolge für Präsident Giorgio Napolitano sorgt für Diskussion, denn dessen siebenjähriges Mandat läuft im Mai aus. Der scheidende italienische Premier Monti schlug am Dienstag seinen Vorgänger und Ex-EU-Kommissionspräsidenten, Romano Prodi, für das hohe Amt vor. "Prodi ist eine Persönlichkeit mit vielen Verdiensten und er wäre für dieses Amt geeignet", sagte Monti im Interview mit der Tageszeitung "Il Messaggero".
Monti liebäugelte auch mit der Kandidatur einer Frau. Die Rolle der Frauen in der Politik müsse aktiver gefördert werden, sagte der Wirtschaftsprofessor, der sich an der Spitze eines Zentrumsblocks am Wahlkampf für die Parlamentswahlen am kommenden Sonntag und Montag beteiligt. Namen von Kandidatinnen für den Präsidentenposten wollte Monti nicht nennen.
Italiens neuer Präsident wird nach den Parlamentswahlen bestimmt. Die Entscheidung liegt bei beiden Kammern des Parlaments und den Vertretern der 20 Regionen.
(Red./APA/AFP)