Vom Boom des angeblich „sauberen Krieges“ per Fernsteuerung

(c) dapd (US Airforce)
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Seit 2002 fliegen bewaffnete Fernlenkflugzeuge, vor allem fürs US-Militär. Präsident Obama vervielfachte deren Einsatz sogar.

Dass unbemannte Fluggeräte militärisch benutzt werden, ist nicht neu: Schon im Ersten Weltkrieg bastelte man in den USA an ferngesteuerten Fliegern, im Vietnam-Krieg setzten die USA massenhaft Drohnen mit Kameras zur Aufklärung ein. Aufklärung war lange Zeit ihr Hauptzweck; erst ab Mitte der 1990er wurde systematisch daran gearbeitet, sie zu bewaffnen, und so schlugen die ersten Systeme, bestückt mit Panzerabwehrraketen, Anfang 2002 in Afghanistan zu, nach der US-geführten Invasion im Gefolge der Anschläge vom 11. September 2001 in New York.

Mit diesen Drohnen vom Typ „Predator“ (Raubtier) des Herstellers „General Atomics“ oder Modellen wie dem „Reaper“ (Sensenmann) leiteten die USA eine neue Form der Kriegsführung ein: den „Drohnenkrieg“, dessen Hauptschauplätze Pakistan, Afghanistan, Jemen und Somalia sind. Mit Drohnen jagt man Taliban in Afghanistan sowie mutmaßliche Terroristen in anderen Staaten. Offizielle Zahlen sind kaum zu erhalten, doch gehen seriöse Quellen von 362 Angriffen in Pakistan von 2004 bis Jänner 2013 aus, von etwa 50 im Jemen seit 2002 und drei bis neun in Somalia seit 2007. Die Opferzahl soll 2300 bis 5000 betragen, das Gros davon in Pakistan. In Afghanistan gab es weit mehr Einsätze, freilich im Zuge eines von der Staatenwelt sanktionierten Kriegs gegen die Taliban. Die übrigen Einsätze sind rechtlich umstritten: Schließlich werden Terrorverdächtige ohne Prozess getötet, was laut Gutachten der US-Ministerien für Justiz und Äußeres legal sein soll. Sicher verletzen Drohnen die Souveränität Pakistans, Somalias und des Jemen, doch haben sich deren Regierungen nicht wirklich beschwert und fördern die Aktionen sogar.

Zivile Opferzahl untertrieben?

Anhänger des Drohnenkrieges argumentieren, dass man Ziele extrem präzis und mit minimalen Kollateralschäden bekämpfen kann im Vergleich zu Fliegerangriffen. Man erspart sich risikoreiche, organisatorisch oft kaum machbare Einsätze mit Bodentruppen und setzt keine Piloten einem Risiko aus, denn die sind tausende Kilometer entfernt. Kritiker wenden ein, dass die zivile Opferzahl weit höher sei als offiziell behauptet, zwischen sieben und 33 Prozent. Auch habe die „feige“ Taktik den Amerika-Hass in den Zielländern enorm gesteigert.

Für das Gros der Aktionen ist US-Präsident Barack Obama verantwortlich: Er ließ seit Amtsantritt 2009 mehr als sechsmal so viele Drohnen aufsteigen wie sein Vorgänger George W. Bush in acht Jahren. wg

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2013)

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