Wie Berlusconi Merkel zu seiner Wahlhelferin macht

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Berlin, Brüssel und Washington warnen vor Comeback des Cavaliere. Die Italiener lässt das kalt, und Berlusconi punktet mit Deutschland-Hetze. Immer wieder fordert er den Euro-Austritt.

Rom/Wien. Silvio Berlusconi hat eine unfreiwillige Wahlhelferin: Angela Merkel. Immer wenn der Cavaliere in diesem kurzen, aber heftigen italienischen Wahlkampf einen Umfrageschub benötigt, greift er auf die Lieblingsfeindin zurück. Hasstiraden gegen den „Nazi“-Budgetkurs der deutschen Kanzlerin, gegen die „Diktatorin“, die mit „interventionistischem Spardiktat Italiens Wachstum blockiert und für die ganze Misere verantwortlich ist“, kommen im krisengeplagten Italien gut an.

Auch Mario Monti bekommt etwas davon ab. Der Technokraten-Premier sei nichts weiter als eine Marionette der Deutschen, beschimpft der Medienmagnat den ebenfalls bei der Parlamentswahl am Sonntag und Montag kandidierenden Professor. Ökonom Monti hat dank eines rigiden Sparkurses die wirtschaftliche Glaubwürdigkeit des tief verschuldeten Italien wiederhergestellt.

Berlusconi berührt mit dem Deutschland-Bashing einen sensiblen Punkt. Das Verhältnis zu Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner Italiens, war noch nie einfach: Die Italiener haben schon immer mit einer Mischung aus Bewunderung und Ressentiment nach Norden geblickt. Die Schuldenkrise hat all die alten Stereotypen des „effizienten, aber arroganten Deutschen“ wieder an die Oberfläche gebracht: So war es für den Cavaliere nicht schwierig, den „rigiden Teutonen mit seinen unmenschlichen Sparforderungen“ zum Hauptverantwortlichen für Italiens Misere zu machen. Und viele haben vergessen, dass es die laxe und intransparente Budgetpolitik des Ex-Premiers Berlusconi war, die die Schuldenkrise maßgeblich verursacht hat.

Deutschland-Hetze geht in Berlusconis Rhetorik Hand in Hand mit Anti-EU-Parolen. Immer wieder fordert er den Euro-Austritt und macht die („von Deutschland diktierte“) EU-Politik für die Rezession verantwortlich. Ähnliche Tiraden kommen übrigens vom populistischen Ex-Komiker Beppe Grillo, dessen Bewegung drittstärkste Kraft werden könnte.

Wahlempfehlung aus Berlin

Ungewohnt „international“ ist der italienische Wahlkampf aber diesmal auch aus einer anderen Perspektive: Berlin und Brüssel machten zuletzt kein Geheimnis daraus, wie sehr sie angesichts der Eurokrise ein Comeback Berlusconis befürchten. Während Merkel es eher diplomatisch ausdrückt und auf „weitere Reformen, auch nach der Wahl“ hofft, ist ihr Außenminister, Guido Westerwelle, expliziter: Er setze auf einen „proeuropäischen Kurs mit der Fortführung der notwendigen Reformen“, sagte er. Was wohl alle in der Regierung denken, spricht der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Nobert Barthle, offen aus: „Ich befürchte, dass Italien unter Berlusconi von der Stabilitätspolitik abrückt, was für den Euro ernsthafte Folgen haben könnte.“ Ähnlich offen hatte sich zuvor bereits EU-Währungskommissar Olli Rehn ausgedrückt, der die Reformpolitik Mario Montis gelobt und an die Budgetsünden der Regierung Berlusconi erinnert hatte.

Sogar aus dem Weißen Haus kommt Wahlhilfe für Monti: „Die italienische Regierung hat große Schritte gegen die Wirtschaftskrise unternommen. Dieser Kurs muss fortgesetzt werden.“

Die Italiener dürften diese Empfehlungen ziemlich kalt lassen. Laut Umfragen kann Monti derzeit mit mageren zehn Prozent rechnen. Und der Mitte-links-Block unter Pier Luigi Bersani führt nur noch knapp vor Berlusconis Allianz. Jeder dritte Wahlberechtigte weiß allerdings noch nicht, für wen er stimmen wird. „Der Anti-Europa-Kurs und die Deutschland-Feindlichkeit könnten viele Unentschlossene überzeugen“, sagt Meinungsforscher Renato Mannheimer: Erstmals in der Geschichte des traditionell EU-freundlichen Italien sei die Europa-Zustimmung auf unter 50 Prozent gesunken.

Auf einen Blick

Am Sonntag und Montag wählt Italien ein neues Parlament. Als wahrscheinlichstes Szenario gilt eine Koalition zwischen der in Umfragen knapp führenden Mitte-links-Allianz mit der Liste des Technokraten-Premiers Monti. Berlusconis Mitte-rechts-Block hat zuletzt in Umfragen stark zugelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2013)

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