Zypern: Proeuropäer wird neuer Staatschef

Zypern Anastasiades wird neuer
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Der konservative Nikos Anastasiades hat die Präsidentenwahl im nahezu bankrotten Inselstaat gewonnen. Er will Zyperns Bilanzen in Ordnung bringen.

[ATHEN/NIKOSIA AG./C.G] Vor dem Hintergrund eines drohenden Staatsbankrotts haben sich die griechischen Zyprioten am Sonntag klar für einen proeuropäischen und bürgerlichen Staatschef entschieden.  Der konservative Politiker Nikos Anastasiades wird künftig den Inselstaat führen. Er setzte sich laut mit einer überwältigenden Mehrheit von 57,5 Prozent der Stimmen gegen den linken Stavos Malas durch.

Da Zypern ein präsidiales System hat, ernennt der Staatschef auch die Regierung und führt sie.
„Es geht ums Überleben der Republik, wir müssen uns alle auf die kritischen Zustände einstellen, die auf uns zukommen“,  sagte Anastasiades am Sonntag.
Der zurückhaltende 66-Jährige steht bereits seit 1997 an der Spitze seiner proeuropäischen Partei „Demokratische Gesamtbewegung“. Anastasiades ist fest davon überzeugt, dass die Zukunft Zyperns in der EU liegt. Und betont europäisch war auch sein Wahlkampf – im Gegensatz zu jenem EU-skeptischeren seines linken Rivalen. Er wolle den Inselstaat wieder auf europäischen Kurs bringen, betonte der Jurist.

Dabei versicherte Anastasiades mit einem Blick nach Brüssel, er werde alle notwendigen Maßnahmen zur Sanierung der Finanzen treffen.  Erwartet wird, dass er dies durch Verhandlungen und Kompromisse erreichen wird. Denn heftige Konfrontationen scheut der analytische Kopf eher – wobei er hinter den Kulissen offenbar auch hin und wieder mit Härte seine Meinung durchsetzt. Weil er gelegentlich explosiv reagiert, wird er auch „der Wolf“ genannt.

Zypern hat nur bis Ende März Geld

Die Zeit drängt jedenfalls: Das EU-Mitglied und Euroland hat nur noch bis Ende März Geld. Der Inselstaat braucht dringend 17,5 Milliarden Euro, um seine Staatsfinanzen und Banken zu stabilisieren. Dies entspricht der Wirtschaftsleistung eines Jahres. Schafft es das Land nicht, seine Finanzprobleme in den Griff zu bekommen, könnte es gezwungen sein, als erster EU-Staat die Eurozone zu verlassen.

Zyperns Wirtschaft leidet unter ihrer Exportschwäche: 2011 standen Importen von 6,2 Milliarden Euro Ausfuhren von 1,3 Milliarden Euro gegenüber. Haupthandelspartner ist das marode Euroland Griechenland. Die Krise in Griechenland hat auch Zyperns Banken schwer in Mitleidenschaft gezogen. Zyperns Geldinstitute sind eng mit dem griechischen Bankensystem verbunden und wurden in den Strudel der Griechenland-Krise gerissen, als 2012 der Schuldenschnitt für den privaten Sektor in die Tat umgesetzt wurde.

Präsident Zyperns war bisher Demetris Christofias – das einzige kommunistische Staatsoberhaupt der EU.  Als Grund dafür, dass er kein weiteres Mal für eine fünfjährige Amtszeit kandidiert, nannte er die festgefahrenen Verhandlungen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten über eine Wiedervereinigung des Landes. Doch die eigentliche Ursache waren wohl die schwierigen Gespräche mit den Vertretern der Eurozone in den vergangenen Monaten. Der Kommunist lehnte Privatisierungen als Gegenleistung für Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM prinzipiell ab.

Beide Kandidaten der Stichwahl standen hinter einem Hilfspaket der EU inklusive Sparauflagen, beide wollten das ausverhandelte, aber ununterschriebene Paket zur Bankenrettung und Sanierung des Staatshaushalts aber nachverhandeln. Anastasiades deutete denn bei der TV-Debatte mit Malas am Freitag auch an, dass er Kreditgeber zur Hand habe.

Deutsche zögern mit Hilfszahlung

Vor allem Deutschland zögert mit der Zustimmung zu einem Rettungspaket von bis zu 17,5 Milliarden Euro. Erst will man Sicherheiten, dass Schwarzgeldwäsche durch zypriotische Banken wirksam eingedämmt wird – Zypern streitet allerdings diese Vorwürfe ab.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble betonte am Wochenende, dass im Fall des zypriotischen Hilfsantrags „Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe“. Zypern müsse nachweisen, dass das Land systemrelevant für die Eurozone sei, sagte er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2013)

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