Napolitano: Steinbrücks Clown-Sager "nicht in Ordnung"

Italiens Präsident Giorgio Napolitano
Italiens Präsident Giorgio Napolitano(c) Reuters (THOMAS PETER)
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Italiens Präsident Napolitano bedauert die Wortwahl des SPD-Kanzlerkandidaten. Die FDP wirft Steinbrück vor, "zu einem deutschen Peerlusconi" zu mutieren.

Italiens Präsident Giorgio Napolitano hat den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück wegen dessen abfälliger Äußerungen zum Wahlausgang in Italien kritisiert. "Es liegt natürlich auf der Hand, dass das nicht in Ordnung ist", sagte Napolitano am Donnerstag in einer Pressekonferenz mit dem deutschen Bundespräsident Joachim Gauck. Jeder könne natürlich denken, was er wolle, sagte Napolitano. "Aber wenn man über gewisse Dinge spricht, die ein befreundetes Land betreffen und die das Ergebnis von freien Wahlen angeht, dann muss man wirklich sehr ausgewogen sein bei der eigenen Wortwahl."

Steinbrück hatte davor gewarnt, dass die drohende Regierungsunfähigkeit Italiens die Probleme in der Eurozone verschärfen könnte. "Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben", sagte Steinbrück mit Hinweis auf Beppe Grillo und Silvio Berlusconi. Letzteren nannte er zudem "einen Clown mit einem besonderen Testosteron-Schub".

Kein Abendessen, aber eine Regierung

Napolitano erklärte nun, Steinbrücks Einlassungen seien eine bedauerliche Angelegenheit gewesen. "Deswegen lagen die Bedingungen für ein eigentlich anberaumtes Treffen nicht mehr vor." Der Hintergrund: Der Präsident hatte am Mittwoch ein geplantes Abendessen mit Steinbrück platzen lassen, nachdem er von dessen Äußerungen erfahren hatte. Weiters ging er davon aus, dass in Italien in absehbarer Zeit eine Regierung zustande kommen wird. Dabei müsse der Wille der Wähler respektiert werden.

Gauck sagte am Donnerstag, er wolle die Äußerung des SPD-Kanzlerkandidaten ebenso wenig kommentieren, wie er als Staatsoberhaupt die Äußerungen von Regierungsmitgliedern nicht kommentiere. Dann fügte er hinzu: "Manches kommentiert sich auch von selbst."

Kritik: "Deutscher Peerlusconi"

Zuvor hatte auch der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit Steinbrücks Äußerungen kritisiert. Als Kanzlerkandidat dürfe Steinbrück nicht in dieser Form "verbal ausrasten", sagte Cohn-Bendit am Donnerstag dem RBB-Inforadio. Der SPD-Kandidat habe "mehr als deutlich unter Beweis gestellt, dass er ein außenpolitisches Sicherheitsrisiko ist", sagte FDP-Fraktionsvize Volker Wissing. "Er mutiert zunehmend zu einem deutschen Peerlusconi." Was Steinbrück gerne mit "Klartext" umschreibe, sei in Wahrheit "Stammtisch der untersten Kategorie."

Beppe Grillo selbst nannte Steinbrücks Aussagen "arrogant und politische wenig intelligent". "Er hat die rund 8.700.000 Italiener, die für die M5S stimmten, und die 7.300.000 Italiener, die die PDL wählten, in schwachköpfiger Weise behandelt", schrieb Grillo auf seinem Blog am Donnerstag.

(APA/Reuters/dpa/AFP)

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