Venezuela: Chavez zwischen Leben und Tod

(c) EPA (DAVID FERNANDEZ)
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Der Gesundheitszustand des Präsidenten gibt weiter Rätsel auf. Zwar streut die Regierung in Caracas Fotos des Comandante, die Zweifel wachsen.

Buenos aires/Caracas. Hugo Chávez geht es schlecht, aber wie schlecht, das weiß fast keiner. In der Nacht zum Dienstag trat Venezuelas Informationsminister Ernesto Villegas vor die Kameras und verlas über die „nationale Senderkette“ aller Rundfunk- und TV-Stationen des Landes ein düsteres Bulletin: Die Atemfunktion des Präsidenten habe sich weiter verschlechtert, der Gesundheitszustand sei „sehr heikel“. Der Präsident, erklärte Villegas, hänge „an Christus und am Leben“.

Der Informationsminister gab bekannt, dass die aggressiven Mittel einer neuen Chemotherapie das Immunsystem des Patienten weiter geschwächt hätten, was eine neuerliche Lungenentzündung bewirkt habe. Schon in der Phase nach der Operation am 11. Dezember auf Kuba hatte sich Chávez eine massive Atemwegsinfektion zugezogen, die, so die offizielle Version, nach einigen Wochen jedoch abgeklungen sei.

Dies habe letztlich die Überstellung des Patienten „auf dessen eigenen Wunsch“ von Havanna nach Caracas vor gut zwei Wochen ermöglicht. Die zwei Kommuniqués, die seither über Chávez' Gesundheitszustand veröffentlicht wurden, bremsten indes den Optimismus, den die Rückkehr ihres Comandante bei vielen Venezolanern ausgelöst hatte.

PR-Fotos eines Kranken

Kurz vor der triumphal verkündeten Heimkehr hatte die Regierung mehrere Fotos publiziert, die einen offensichtlich geschwächten, aber lächelnden Chávez zeigten, der eine aktuelle Ausgabe der kubanischen Zeitung „Granma“ in Händen hielt, umgeben von seinen Töchtern. Der Informationsminister erklärte damals, Chávez müsse durch einen Schnitt in der Luftröhre atmen, was dem Volk erklären sollte, warum es die einst omnipräsente Stimme des Vielsprechers Chávez nicht mehr zu hören bekam. Doch auf dem Foto waren weder Schlauch noch Kanüle zu sehen.

Am Tage der Rückkehr bot das Staats-TV Zeugen auf, die Chávez aus eigenen Kräften ins Militärspital im Westen von Caracas schreiten sahen. Aber die Anhänger, die seither unterhalb des Spitals warten und ständig auf die Fenster der für den hohen Patienten reservierten neunten Etage hinaufblicken, haben ihren Comandante nicht einmal winken sehen. Deshalb ist es kein Wunder, dass Gerüchte die Runde machen, die Fotos seien gefälscht. Chávez sei gar nicht in Caracas, sondern doch noch auf Kuba, in seinem Heimatbundesstaat Barinas oder auf der venezolanischen Karibikinsel La Orchila, wo die venezolanische Marine eine gut abgeschirmte Basis hat.

Spekulation über Hirntod

Schon in der Vorwoche hatte ein gut vernetzter Politiker der Region den Tod von Chávez öffentlich verkündet. Guillermo Cochez, bis Jänner Panamas Botschafter bei der Organisation Amerikanischer Staaten, sagte unter Berufung auf persönliche Quellen innerhalb der venezolanischen Regierung, dass die Chávez-Töchter am Sonntag, 24. Februar, die Maschine abschalten ließen, die ihren Vater künstlich am Leben hielt.

Der Präsident sei schon seit 30. Dezember hirntot, ohne Chance auf Besserung. Venezuelas amtsführender Vizepräsident Nicolás Maduro dementierte diese Version umgehend und geißelte sie als „Teil einer Destabilisationskampagne“, die durch „faschistische ausländische Medien“ transportiert werde. Der Präsident kämpfe um sein Leben, sei aber guten Mutes. Er halte sich auf dem Laufenden und nehme seine Verantwortung wahr, betonte Maduro in staatstragender Mission. Chávez hatte Maduro im Vorjahr eigenhändig zu seinem Nachfolger auserkoren.

Oppositionspolitiker Henrique Capriles Radonski warf dem Vizepräsidenten indessen vor, die Unwahrheit zu verbreiten: „Maduro hat über die Gesundheit des Präsidenten gelogen; es war eine Lüge, dass er fünf Stunden mit ihm zusammen war. In den nächsten Tagen wird das Land die Wahrheit wissen.“ Das neue Kommuniqué zeige, „dass sie die Todesmeldung vorbereiten“, twitterte auch Cochez.

Auf einen Blick

Venezuelas Präsident Hugo Chávez schwebt offenbar weiterhin zwischen Leben und Tod. Informationsminister Ernesto Villegas benachrichtigte die Nation, dass sich der Gesundheitszustand des Comandante drastisch verschlechtert habe. Er habe sich eine Atemwegsinfektion zugezogen, was erneut die Gerüchte über seinen Tod nährte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)

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