Burma: Wenn Mönche Moscheen zerstören

(c) REUTERS (BAZUKI MUHAMMAD)
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Buddhisten setzen moslemische Gebetshäuser in Brand und prügeln Moslems nieder. Für viele Burmesen steckt das Militär dahinter.

Der Ruf des Muezzins hallt durch die geschäftige Marktstraße in der Innenstadt von Burmas alter Hauptstadt Rangun. Hunderte Menschen drängen sich an den Ständen von fliegenden Händlern vorbei, die auf der Straße Handys, Geldbeutel und Ledergürtel verkaufen. Viele der Männer haben lange Bärte und tragen weiße Kappen. Einigen von ihnen ist anzusehen, dass ihre Vorfahren aus Indien stammen.

Hier, in einem der größeren Moslemviertel von Rangun, sprechen die Menschen seit Tagen fast nur noch über das, was sich in der Kleinstadt Meiktila – rund 500 Kilometer weiter im Norden – abspielt.

Vor einer Woche war dort ein moslemischer Goldhändler mit zwei buddhistischen Kunden in Streit geraten. Der Streit eskalierte, es kam zu einer Schlägerei. Kurze Zeit später zog ein randalierender Mob durch das Geschäftsviertel, brannte Häuser, Geschäfte und Moscheen nieder und ging auf Menschen los. Als drei Tage später die Armee ihre Soldaten auf die Straßen schickte, hatten die Gewalttäter ganze Stadtteile niedergebrannt, Dutzende Menschen ermordet und tausende vertrieben. Augenzeugen berichten von zum Teil komplett verkohlten Leichen, die noch Tage später mitten auf den Straßen lagen. Etwa tausend Moslems flüchteten in ein Stadion und saßen dort tagelang fest.

Nur eine Schein-Demokratisierung

Inzwischen haben sich die ethnischen Unruhen auch auf andere Teile Zentralburmas ausgeweitet. In der Stadt Nattalin, etwa 150 Kilometer nördlich von Rangun, setzten etwa am Mittwoch 200 randalierende Buddhisten eine Moschee in Brand und zerstörten mehrere Häuser. Am Wochenende waren in Yamethin 43 Gebäude in Flammen gesetzt worden. Über mehrere Städte wurden gestern Ausgangssperren verhängt.

„Das hatte einen politischen Hintergrund“, ist Yusuf überzeugt. Er wohnt im Geschäftsviertel in Rangun. „Viele Moslems in Rangun glauben, dass die Armee und einige Regierungspolitiker die Gewalt angefacht haben, um daraus politisches Kapital zu schlagen.“ Die Armee kontrolliere immer noch alles. „Die haben nur den Namen des Systems in ,Demokratie‘ geändert“, sagt Yusuf verbittert. Seine Theorie: Viele Offiziere hätten Angst, für ihre Verbrechen aus der Zeit der Militärdiktatur zur Rechenschaft gezogen zu werden, sollte es einen wirklichen Wandel geben. Ausschreitungen, die das Land unregierbar erscheinen ließen, spielten alten Regimevertretern in die Hände.

Auch der ehemalige politische Gefangene Aung Thein Lwin gibt den Behörden die Schuld daran, dass die Gewalt derartig eskaliert ist. Er ist Mitglied der „Generation der 88er-Studenten“, einer einflussreichen Pro-Demokratie-Organisation. In Meiktila sei viel Militär stationiert, auch gebe es dort viel Polizei. „Wieso haben die die Randalierer nicht aufgehalten? Die Gewalttäter haben vor den Augen der Polizei Menschen getötet und Häuser niedergebrannt.“ Diese gewaltsame Auseinandersetzung, fügt er hinzu, solle den Eindruck vermitteln, dass es in Burma keinen Frieden und keine Ordnung mehr gäbe. „Das könnte als Vorwand für einen Putsch dienen.“

Angreifer in Mönchskutten

In der Tat glauben viele Burmesen, dass die Regierungspartei USDP in die Gewalt in Meiktila involviert ist. Nicht ohne Grund: Immer wieder war die Partei, die noch bis vor zwei Jahren eine Dachorganisation des Militärs war, in extreme Gewaltakte verwickelt. Im Jahr 2003 haben tausende Schläger – die meisten von ihnen vermutlich USDP-Mitglieder – einen Konvoi von Demokratieführerin Aung San Suu Kyi angegriffen und etwa 70 Parteiarbeiter ihrer Nationalliga für Demokratie (NLD) ermordet. Suu Kyi kam nur knapp mit ihrem Leben davon. Viele der Angreifer trugen buddhistische Mönchskutten. Die staatlich kontrollierte Presse vermeldete damals, dass Anwohner sich über Suu Kyis Besuch so sehr geärgert hätten, dass sie gewalttätig geworden seien.

Auch bei den Protesten buddhistischer Mönche 2007 holte das Regime LKW-Ladungen voller Schläger aus dem Umland nach Rangun, die in die Klöster eindrangen und Mönche krankenhausreif prügelten und abtransportierten. Die Einwohner von Meiktila sagten Journalisten, dass die Randalierer aus dem Umland gekommen seien.

Nobelpreisträgerin bei Militärparade

Dass nun ausgerechnet Aung San Suu Kyi gestern erstmals an einer Militärparade teilnahm, kommt bei vielen Burmesen nicht gut an. Die Friedensnobelpreisträgerin saß als Ehrengast in der ersten Reihe. Suu Kyi war nach jahrelangem Hausarrest 2010 freigekommen, wenige Monate bevor die Junta sich von einer zivilen Regierung unter Führung von Ex-Generälen ablösen ließ.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2013)

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