Portugal: Opposition will Regierung stürzen

Portugals Premierminister Pedro Passos Coelho gerät von allen Seiten unter Druck, auch im eigenen Land.
Portugals Premierminister Pedro Passos Coelho gerät von allen Seiten unter Druck, auch im eigenen Land.(c) REUTERS/Yves Herman
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Am Mittwoch soll eine Misstrauensabstimmung stattfinden. Die Regierung von Pedro Passos Coelho muss unpopuläre Sparmaßnahmen durchsetzen.

Die Opposition im Euro-Krisenland Portugal will die Mitte-Rechts-Regierung per Misstrauensvotum stürzen. Ein entsprechender Antrag wurde am Donnerstagabend in Lissabon von der Sozialistischen Partei (PS) ins Parlament eingebracht. Debatte und Abstimmung seien für kommenden Mittwoch geplant, teilte ein Sprecher mit.

In dem Antrag, der von allen linksgerichteten Parteien im Parlament unterstützt wird, wirft die PS Ministerpräsident Pedro Passos Coelho unter anderem vor, die Wahlversprechen nicht eingehalten zu haben und das Land in die Armut zu führen. Die Regierung habe zudem die Sparziele verfehlt.

Zehn Regierungs-Abgeordnete notwendig

Für einen Sturz der Regierung müssten mindestens 116 der 230 Abgeordneten für den Antrag stimmen. Die vom Sozialdemokraten Passos Coelho angeführte Koalition hat eine Mehrheit von 124 Sitzen, so dass für einen Erfolg der Opposition auch mindestens zehn Abgeordnete aus dem Regierungslager für den Antrag stimmen müssten. Das gilt als unwahrscheinlich, ist aber auch nicht völlig ausgeschlossen.

Vor dem Hintergrund von Rekordarbeitslosigkeit und Rezession verliert Passos Coelho in der Bevölkerung und auch beim Koalitionspartner, dem Demokratischen und Sozialen Zentrum (CDS), immer mehr an Rückhalt. Er sah zuvor seine Regierung in Gefahr, sollte das Verfassungsgericht jüngst beschlossene Sparmaßnahmen teilweise für unrechtmäßig erklären. Es sei unwahrscheinlich, dass die Regierung Alternativen zu den beschlossenen Maßnahmen finden werde, zitierte die Zeitung "Publico" am Donnerstag Äußerungen des rechtsliberalen Politikers vor Vertretern seiner Partei. Ein Regierungssprecher wollte sich nicht zu dem Bericht äußern. Am Mittwoch hatte Passos Coelho vor Journalisten eine Vorhersage über den Ausgang des Verfahrens verweigert.

Massive Budget-Kürzungen

Das Verfassungsgericht prüft derzeit den Budgetentwurf für das laufende Jahr. Dieser sieht massive Steuererhöhungen sowie Kürzungen bei Pensionen, Gehältern und Sozialleistungen vor. Dadurch werden nach Ansicht verschiedener Oppositionsparteien Arbeitnehmerrechte verletzt. Betroffen von dem Verfahren sind rund zwei Milliarden Euro des insgesamt fünf Milliarden Euro umfassenden Sparprogramms. Das Land befindet sich in einer schweren Rezession und hat sich wegen seiner Finanzprobleme unter den EU-Rettungsschirm geflüchtet. Die Hilfskredite wurden unter der Auflage gewährt, dass die Regierung die Sparmaßnahmen umsetzt.

Wenige Stunden vor Einbringung des Misstrauensantrags war in Lissabon außerdem bekannt geworden, dass Portugal das mit den internationalen Geldgebern für 2012 vereinbarte Haushaltsdefizitziel von 5,0 Prozent deutlich um 1,4 Punkte verfehlt hat. Der Fehlbetrag habe sich auf 6,4 Prozent der Wirtschaftsleistung belaufen, teilte die nationale Statistik-Behörde INE am Donnerstag in Lissabon mit.

78 Milliarden von Troika

Das vom Bankrott bedrohte Land hatte 2011 von der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Hilfspaket über 78 Milliarden Euro im Gegenzug für den Sparkurs erhalten. Vor dem Hintergrund von Rezession und Rekordarbeitslosigkeit wurden die Sanierungsziele jedoch von den Geldgebern erstmals im September 2012 und dann vor zwei Wochen erneut gelockert. Die Frist zum Erreichen des von der EU erlaubten Defizits von höchstens drei Prozent wurde zuletzt auf 2015 verschoben.

Finanzminister Vítor Gaspar hatte das Scheitern erst vor zwei Wochen eingeräumt und es auf die Weigerung der EU zurückgeführt, die Einnahmen aus einem im Dezember geschlossenen Betriebskonzessionsvertrag des Staates mit der Flughafenverwaltungs-Behörde ANA von etwa 1,2 Milliarden Euro zu berücksichtigen. Im Falle einer Anrechnung hätte man ein Defizit von 4,9 Prozent erreicht, so Gaspar. Aber auch Kritiker in Portugal meinten unterdessen, der Vertrag sei ein Trick gewesen, um das Defizit "aufzuhübschen".

Moody's droht mit Abstufung

Die Ratingagentur Moody's drohte den angeschlagenen Eurostaaten Irland und Portugal weiter mit einer Bonitätsabstufung. Der Ausblick für die Bewertung der beiden Länder bleibe auf "negativ", teilte Moody's in der Nacht auf Donnerstag mit.

Moody's begründete den negativen Ausblick mit der "weiterhin bestehenden Verwundbarkeit" der Eurozone durch Schocks, die von der Schuldenkrise ausgehen könnten. Besonders kritisch bewertetet die Agentur den Beschluss der Euro-Finanzminister, bei der Zypern-Rettung auf Guthaben von Bankkunden zuzugreifen. Der Schritt habe das Risiko erhöht, dass auch in anderen Euroländern entsprechend vorgegangen werde. Für Portugal verwies Moody's insbesondere auf die nach wie vor hohe Staatsverschuldung und das große Haushaltsdefizit. Außerdem belaste die schlechte konjunkturelle Entwicklung. Moody's beließ das Kreditrating für Portugal dennoch auf "Ba3". Das ist die dritte Stufe unterhalb der Grenze zum Ramsch-Niveau.

(APA/dpa/Reuters)

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