Hoffnungsschimmer für den Frieden

Friedenstaube in einem Kirchenfenster
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In Europa sind Kriege und Krisenherde eingedämmt, im Rest der Welt flackern sie auf kleinerer Flamme.

Wien. Wie alljährlich zu Ostern wird Sonntagmittag wieder „Urbi et Orbi“, der hoffnungsvolle Friedensgruß des Papstes, vom Petersplatz hinaus in die Welt hallen. Und diesmal schwingt darin eine Aufbruchsstimmung mit, die allein schon die Wahl des neuen Papstes signalisiert, unterstrichen von der symbolischen Bildersprache des Pontifex vom „anderen Ende der Welt“, dem ersten Nichteuropäer seit Menschengedenken.

Die Welt scheint sich einig: Franziskus läutet eine neue Ära ein. Mögen auch die Demonstranten der traditionellen Ostermärsche in Deutschland von der Friedensbotschaft beseelt sein – zu glauben, sie würde über die „Menschen guten Willens“ hinaus auch die Diktatoren dieser Erde erreichen, wäre freilich Illusion. Syriens Despot Bashar al-Assad wird sich ebenso wenig von den Schalmeientönen aus Rom beeindrucken lassen wie Nordkoreas Nachwuchstyrann Kim Jong-un, der skurrile „Dr. Strangelove“ aus Pjöngjang, der mit immer martialischeren Drohungen die Kriegsrhetorik gegen Südkorea und die Schutzmacht USA verschärft.

Seit dem Appell des auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Kurdenführers Abdullah Öcalan an sein Volk zum Neujahrsfest Newroz und der gleichzeitigen Wiederannäherung zwischen Israel und der Türkei blitzt zumindest an der Levante Hoffnung auf. Das jüngst publizierte Konfliktbarometer des Heidelberger Instituts für Konfliktforschung hat diese aktuelle Entwicklung noch nicht erfasst. Es registrierte 2012 weniger Kriege als noch im Vorjahr, einem „Allzeithoch“, wie Ko-Autorin Fiona Byrne konstatiert – ein kleiner Lichtblick also. Im Gefolge des Arabischen Frühlings sei die Zahl der Kriege weltweit zurückgegangen – allerdings nur um zwei, von 20 auf 18.
Eine Ära des Friedens herrscht wenigstens in Europa – dem einzigen Kontinent, in dem kein einziger Krieg tobt. Die Gefahr ist jedoch nicht ausradiert. Für Bosnien verzeichnet der Länderbericht der „International Crisis Group“ (ICG) ein explosives Gemisch aus „Islam und Nationalismus“, den jahrzehntelangen Krisenherd des Kosovo wähnt er immerhin auf dem „Weg der Normalisierung“. „Der Balkan ist entschärft“, erklärt Byrne. Die Eindämmung der ETA und des baskischen Nationalismus sowie des irischen Pendants IRA hat den nationalistischen Terror in Süd- und Westeuropa bereits vor einigen Jahren gebannt. Und auch um die korsischen Separatisten in Frankreich ist es ruhig geworden.

Weniger „klassische“ Kriege


Für den Rest der Welt gibt es indes keine Entwarnung, wie das Konfliktbarometer anzeigt. Die Anzahl der limitierten Kriege hat demnach zugenommen. Die Heidelberger Politologen differenzieren fünf Eskalationsstufen: Stufe fünf kennzeichnet einen Krieg in seiner vollen Intensität, Stufe vier einen eingeschränkten Krieg mit Potenzial zum vollständigen Ausbruch. Zwischen dem Sudan und Südsudan, erst seit dem Vorjahr ein eigener Staat, ist der Konflikt um Bodenschätze und Land erstmals zum „klassischen“ Krieg eskaliert.

Während die ICG im Bürgerkrieg in Kolumbien „endlich Frieden“ vermeldet und auch den Philippinen einen „Durchbruch“ mit den Moslemrebellen in Mindanao bescheinigt, flackert der „erste afrikanische Weltkrieg“ im Kongo aufgrund ausländischer Interessen immer wieder auf – obgleich bei kleinerer Flamme und weniger Flüchtlingen als vor zehn oder 15 Jahren. Nach Ansicht der International Crisis Group haben die Friedensmissionen – und die Interventionen, zuletzt etwa der Franzosen in Mali – eine durchaus positive Wirkung gezeitigt.
Unbestreitbar ist das Faktum, dass die Zahl der Opfer und der Flüchtlinge in Kriegen gesunken ist. Darauf verweist die zivilisatorische Langzeitstudie „Gewalt: Eine neue Geschichte der Menschheit“ des Harvard-Professors Steven Pinker, die den Rückgang der menschlichen Gewalt belegt. Seine These: Die Menschheit sei immer friedlicher geworden – ein Trend, der sich fortsetzt. Mit Einschränkung: In Relation gesetzt zur Weltbevölkerung zur Zeit der mongolischen Feldzüge oder der Sklaverei nimmt sich selbst der Horror des Zweiten Weltkriegs, des größten Gewaltexzesses der Geschichte, weniger ungeheuer aus.

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