Italiens Präsident weist Rücktritts-Gerüchte zurück

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Napolitanos Gespräche zur Regierungsbildung blieben erfolglos. Er will nun "zwei Gruppen von Persönlichkeiten" beauftragen, Reformen vorzuschlagen.

Der italienische Präsident Giorgio Napolitano hat am Samstag Medienberichte dementiert, wonach er wegen des politischen Stillstands in Rom zurücktreten könnte. Er bleibe im Amt und bemühe sich weiter, eine Lösung für das politische Patt nach den Parlamentswahlen zu finden, betonte Napolitano in einer kurzen Ansprache.

Das Staatsoberhaupt appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der Parteien, da das Land dringend eine tragfähige Regierung brauche, die die wirtschaftlichen und politischen Probleme löse. Napolitano gestand ein, dass die Fronten verhärtet seien und die Suche nach einer Lösung durchaus schwierig sei.

"Persönlichkeiten" sollen Reformen vorschlagen

Er will nun zwei "begrenzte Gruppen von Persönlichkeiten" beauftragen, Vorschläge für Reformen im institutionellen und wirtschaftlichen Bereich zu formulieren. Er hoffe, dass diese Vorschläge bei den Parteien auf Zustimmung stoßen würden und als Grundlage für eine Zusammenarbeit dienen könnten, sagte Napolitano. Die entsprechenden Persönlichkeiten werde er "in voller Autonomie" auswählen und deren Namen am Samstagnachmittag bekannt geben.

Beobachter vermuteten bereits in den vergangenen Tagen, dass Napolitano einen Außenseiter mit der Bildung einer breiten Mehr-Parteien-Koalition oder einer neuen Technokraten-Regierung beauftragen könnte. Als mögliche Kandidaten galten unter anderem der angesehene Jurist Stefano Rodota und der Generaldirektor der italienischen Notenbank, Fabrizio Saccomanni. Dieser wäre für die internationalen Finanzmärkte eine Garantie, dass Italien seinen eingeschlagenen Sanierungsweg fortsetzt. Spekuliert wird auch über den Verfassungsgerichtspräsidenten Franco Gallo und Ex-Premier Giuliano Amato als mögliche Kandidaten.

Mit einem Rücktritt hätte Napolitano den Weg für raschere Parlamentswahlen freimachen können. Dies würde das Parlament zwingen, noch vor dem Ende von Napolitanos Amtszeit am 15. Mai einen Nachfolger zu wählen, der dann eine neue Regierung beauftragen oder Neuwahlen ausschreiben könnte. Verfassungsgemäß kann in den sechs Monaten vor Ablauf des Mandats des Präsidenten das Parlament nicht aufgelöst werden. Napolitano kann daher keine Neuwahlen ausrufen, solange er noch im Amt ist.

Fronten zwischen den Parteien verhärtet

Nach gescheiterten Versuchen des Mitte-Links-Chefs Pierluigi Bersani führte Napolitano am Freitag Gespräche mit den Vertretern der stärksten Parteien im Parlament. Danach teilte sein Sprecher Pasquale Cascella mit, Napolitano wolle sich Bedenkzeit nehmen. Die Fronten sind verhärtet: Eine Koalition mit dem Mitte-Rechts-Bündnis lehnt Bersanis Allianz weiterhin ab. Bersanis Stellvertreter, Enrico Letta, berichtete nach seinem Treffen mit Napolitano am Freitagabend, seine Partei unterstütze jeglichen Plan des Staatspräsidenten, der dem Land eine stabile Regierung geben könne. Letta erklärte sich gegen Neuwahlen mit dem geltenden Wahlsystem.

Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte zuvor seine Bereitschaft bekräftigt, eine Große Koalition mit dem Mitte-Links-Block aufzubauen. Dabei sei er auch bereit, eine Regierung unter Bersani zu unterstützen. "Wir denken, dass eine Übereinkunft möglich ist. Unsere Haltung ist eindeutig: Eine andere Lösung gibt es nicht", sagte Berlusconi in Anspielung auf Spekulationen, Napolitano könnte erneut eine Regierung parteiloser Fachleute anstreben. Nach der Erfahrung mit der Regierung Monti - eine "Tragödie" für das Land - sei ein weiteres Fachleutekabinett unzumutbar, meinte Berlusconi.

Die "Fünf-Sterne"-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo erklärte sich bereit, eine eigene Minderheitsregierung ohne die etablierten Parteien aufzubauen. Sie werde keine Regierung mit den Traditionsparteien unterstützen, sondern im Parlament lediglich für Gesetze stimmen, die ihrem Programm entsprächen, betonte der Fraktionschef der Protestbewegung im Senat, Vito Crimi.

(APA/Red-)

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