EU-Beitritt: Sloweniens Versöhnung mit Kroatien

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Das slowenische Parlament ratifizierte ohne eine einzige Gegenstimme Kroatiens Beitritt zur EU und markiert damit das Ende eines langjährigen bilateralen Konflikts.

Ljubljana. Es gab spontanen Applaus, als gestern im slowenischen Parlament die Zahl null aufleuchtete. Alle 82 anwesenden Abgeordneten hatten den EU-Beitritt ihres Nachbarlandes Kroatiens abgesegnet – ohne auch nur eine einzige Gegenstimme. Als das Ergebnis auf dem Bildschirm im Plenarsaal aufblinkt, brandet Jubel auf. Nun steht seitens Sloweniens dem Beitritt Kroatiens zur EU endgültig nichts mehr im Weg.

Das einstimmige Ergebnis sei symbolisch wichtig, sagte später der kroatische Premierminister Zoran Milanović. Denn bis vor Kurzem mussten die Kroaten um den EU-Beitritt ihres Landes bangen, nicht zuletzt, weil sie eine Blockade Sloweniens fürchteten.

Der Sozialdemokrat Milanović war extra in die slowenische Hauptstadt angereist und verfolgte von der Parlamentsgalerie aus die Ratifizierung. In Milanovićs Schlepptau war die kroatische Außenministerin Vesna Pusić gekommen, sowie eine große Medienentourage aus der kroatischen Hauptstadt Zagreb. „Endlich!“, hieß es danach erleichtert in kroatischen Medien. Denn lange Zeit sah die Situation zwischen den beiden Nachbarländern Kroatien und Slowenien nicht besonders freundlich aus.

Die beiden Balkanländer, die sich Anfang der Neunzigerjahre aus dem gemeinsamen Staat Jugoslawien herausgelöst und für unabhängig erklärt hatten, entzweiten für zwei Jahrzehnte einige offene Fragen, die zeitweise die bilateralen Beziehungen schwer belasteten und auch den EU-Beitritt Kroatiens verzögerten. Zuletzt ging es dabei vor allem um den Streit um das slowenische Bankeninstitut Ljubljanska Banka. Konfliktpunkt waren nicht zurückgezahlte Deviseneinlagen kroatischer Sparer, die noch zu Zeiten Jugoslawiens ihr Geld bei dieser slowenischen Bank hatten. Nach dem Zerfall des gemeinsamen Staates erstatteten ihnen kroatische Banken die Summen, denn der kroatische Staat garantierte dafür. Anschließend forderten die kroatischen Banken die Gelder von den slowenischen, der Ljubljanska Banka und ihrer Nachfolgerin Nova Ljubljanska Banka, ein. Später verlieh der Staat Kroatien seinen heimischen Banken auch die Vollmacht, die slowenischen Gelder gerichtlich einzufordern.

Grenzstreit vor Schiedsgericht

Diese Vollmacht, die von Slowenien heftig kritisiert wurde, will Kroatien nun einfrieren, im Gegenzug ratifiziert Slowenien den EU-Beitrittsvertrag. Darauf haben sich vor etwas mehr als einem Monat die beiden Regierungschefs geeinigt, nachdem die Causa über Jahre Probleme bereitet hat.

Doch nicht nur die Banken trübten die Stimmung zwischen Slowenien und Kroatien: Auch der genauen Verlauf der Seegrenze zwischen den früheren jugoslawischen Republiken bildete ein mühsames Hindernis auf Kroatiens Weg in die EU. Da diese nach dem Zerfall Jugoslawiens im Jahr 1991 niemals formell festgelegt wurde, war nicht ganz klar, welche Teile des Meeres rund um die Bucht von Piran zu welchem Land gehören. Im September 2009 wurde der Fall einem Schiedsgericht übergeben.

Ein interessantes Detail gibt es rund um die Schlichtung dieses Grenzstreits: Ivo Sanader, der mittlerweile inhaftierte und mehrfach wegen Korruption angeklagte ehemalige kroatische Premier, war im Sommer 2009 von seinem Amt als Regierungschef zurückgetreten, ohne einen Grund dafür zu nennen. Um zahlreichen Gerüchten entgegenzutreten, behauptete er später, er habe den Druck der Slowenen in den Verhandlungen um die Seegrenze nicht mehr ausgehalten. Diese Behauptung wird von heutigen kroatischen Politikern vehement zurückgewiesen. In Wahrheit trat Sanader wohl wegen der zahlreichen Korruptionsfälle zurück, die ihm kurz darauf auch Gerichtsverfahren einbrachten.

Vier Länder noch ausständig

Bis zu Kroatiens EU-Beitritt müssen alle 27 EU-Ländern grünes Licht geben, vier sind noch ausständig, also Belgien, Dänemark, die Niederlande und Deutschland. Stimmen sie wie erwartet zu, dann wird Kroatien am 1.Juli 2013 nach einem zehnjährigen Beitrittsverfahren das 28.Mitgliedsland der Europäischen Union sein.

Auf einen Blick

Kroatien wird am 1. Juli das 28.Mitglied der Europäischen Union. Das Land hatte 2003 seinen Beitrittsantrag gestellt. Die Verhandlungen wurden 2011 beendet. Im Jänner 2012 entschied sich eine Zweidrittelmehrheit der Bevölkerung in einem Referendum für die Mitgliedschaft. Mit Kroatien werden sich die Amtssprachen der EU auf insgesamt 24 erhöhen. Österreich hatte bereits im Juli 2012 den Beitrittsvertrag des Landes mit einer klaren Mehrheit im Nationalrat ratifiziert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2013)

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