Atomkrise: Kim lässt sich feiern

Seoul befürchtet, Pjöngjang könnte „jederzeit Rakete“ abfeuern. Kerry zu Korea-Gesprächen in China.

Seoul/London/Ag. Mit pompösen Feierlichkeiten zelebrierte Pjöngjang am Donnerstag Diktator Kim Jong-un, der offiziell seit einem Jahr im Amt ist. In Südkorea und in den USA herrschte indessen weiter erhöhte Alarmbereitschaft. „Es gibt Anzeichen, dass Nordkorea jederzeit eine Rakete abfeuern könnte“, zitierten gestern südkoreanische Medien einen anonymen Geheimdienstmitarbeiter.

Pjöngjang hat fünf Mittelstreckenraketen an der nordkoreanischen Ostküste aufgestellt. Nahezu täglich drohte das stalinistische Regime in den vergangenen Wochen, südkoreanische und US-Ziele anzugreifen. Spekuliert wird, Kim Jong-un könnte einen Raketenstaat zum Geburtstag von Staatsgründer Kim Il-sung am 15. April geplant haben.

Auch beim Treffen der wichtigsten Industrieländer, der G8-Staaten, in London war Nordkorea Topthema: Die Außenminister verurteilten die „aggressive Rhetorik Nordkoreas, die das Land nur noch mehr isoliert“. US-Außenminister John Kerry wird heute, Freitag, in Seoul erwartet. Danach wird er nach Peking reisen. China, einziger Alliierter Nordkoreas, distanzierte sich deutlich von der aggressiven Rhetorik seines ehemaligen Schützlings.

Washington und Seoul hoffen, dass Kim nur blufft und seine Drohungen nicht umsetzen wird. Für den Ernstfall sind Südkorea und seine Schutzmacht USA gerüstet: Südkoreas Streitkräfte halten seit Monaten allein oder mit US-Truppen fast pausenlos Übungen ab. Im Kriegsfall hat die Schutzmacht USA den Oberbefehl über die gemeinsamen Streitkräfte.

Gesprächsangebot aus Seoul

Ungeachtet der Kriegsdrohung zeigt sich Seoul konziliant. Gestern rief es das Nachbarland zu Gesprächen über die Normalisierung des Betriebs des gemeinsamen Industrieparks auf. „Pjöngjang sollte an den Verhandlungstisch kommen“, sagte der Vereinigungsminister Ryoo. Beide Länder könnten dabei über den Industriepark in der grenznahen nordkoreanischen Stadt Kaesong reden.

Die Produktion im Gewerbekomplex steht seit Dienstag still. Pjöngjang hat seine 53.000 Landsleute abgezogen, die dort für 123 südkoreanische Unternehmen gearbeitet haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2013)

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