Ein Treffen der Regierungsspitze mit Vertretern der vier serbischen Kommunen im Nordkosovo endete ergebnislos. Belgrad droht, widerborstigen Landsleuten in der Exprovinz den Geldhahn zuzudrehen.
Belgrad/Ros. Eigentlich hätte Serbiens nationalpopulistische Regierung allen Grund zur Zufriedenheit: Das Abkommen mit Prishtina über die Selbstverwaltung der serbischen Minderheit im Kosovo hat Belgrad europaweites Schulterklopfen beschert und das Tor für EU-Beitrittsverhandlungen geöffnet. Mit der Entschuldigung von Präsident Tomislav Nikolić für das von ihm lange negierte Massaker an 8000 Muslimen im bosnischen Srebrenica und die erste Kroatien-Visite von Vizepremier Aleksander Vučić hat Belgrad zuletzt auch die EU-Vorgabe verbesserter Nachbarschaftsbeziehungen scheinbar erfüllt.
Doch ausgerechnet die Landsleute im Kosovo, deren Wohl sich Serbiens Politiker auf die Fahnen geschrieben haben, stören die Party: Hartnäckig verweigern sie sich der Umsetzung des Abkommens mit Prishtina, die Brüssel aber zur Bedingung für die Beitrittsverhandlungen macht. Ein Treffen der Regierungsspitze mit Vertretern der vier serbischen Kommunen im Nordkosovo endete ergebnislos. Nicht einmal mit einem Referendum wollen diese sich ködern lassen: Sie hegen die Furcht, dass die Mehrheit im Mutterland sich eher für die Aussicht auf europäisches Brot als für die Ansprüche auf den faktisch längst verlorenen Kosovo entscheiden könnte.
Kosovo mobilisiert nicht mehr
Belgrad wird wohl wie angedroht am Geldhahn für die Kosovo-Serben drehen müssen, um das erhoffte grüne EU-Licht aus Brüssel zu erhalten. Viel Widerstand hat die Regierung im eigenen Land nicht mehr zu fürchten. Von 250 Abgeordneten stimmten vergangene Woche nur 25 gegen das Abkommen. Noch deutlicher war die Abstimmung mit den Füßen: Gingen im Februar 2008 noch Hunderttausende gegen die Unabhängigkeit des Kosovo auf die Straße, so vermochten die Gegner des Abkommens am Tag der Parlamentsdebatte nur noch einige Hundert zu mobilisieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2013)