15 Jahre Gulag: Kim sucht Konfrontation mit den USA

Kenneth Bae
Kenneth Bae(c) REUTERS (YONHAP)
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Ein Amerikaner wurde in Nordkorea wegen eines "Umsturzversuchs" zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt. Er soll sensible Daten geschmuggelt haben. Medien berichten, er habe Fotos von hungernden Kinder gemacht.

Peking. Ein US-Bürger koreanischer Abstammung kann mit seinem Besuch in Nordkorea doch nur eines wollen: den Sturz des KP-Regimes. So zumindest sieht es Nordkoreas Oberstes Gericht, das nun den US-Amerikaner Kenneth Bae wegen „Verbrechen zum Sturz der Demokratischen Volksrepublik Korea“ zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt hat. Bae habe bereits „gestanden“, meldete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Donnerstag. Was genau dem 44-jährigen Mann vorgeworfen wird, wurde nicht gesagt.

Kenneth Bae, der auf koreanisch Pae Jun-hoe heißt, wollte Anfang November 2012 fünf europäische Touristen in die nordkoreanische Hafenstadt Rason – an der Grenze zu China und Russland – begleiten. Bae betreibt in China ein Reisebüro.

Doch bereits an der Grenze nahmen ihn die nordkoreanischen Behörden fest. Bei einem von Baes Mitreisenden fanden sie angeblich eine Festplatte mit sensiblen Daten. Welche Daten das gewesen sein sollen, hat das nordkoreanische Gericht bis heute nicht mitgeteilt.

Südkoreanische Medien berichten, Bae habe Fotos von hungernden Kinder gemacht und sei deswegen festgenommen worden. Er soll zudem Anhänger einer protestantischen Kirche in den USA sein – aber das trifft auf die meisten Koreaner außerhalb Nordkoreas zu.

Weil es zwischen Nordkorea und den Vereinigten Staaten keine diplomatischen Beziehungen gibt, vertritt die schwedische Botschaft in Pjöngjang die Interessen von US-Bürgern. Sie hatte den letzten Kontakt zu Bae.

Sechs Amerikaner seit 2009 verhaftet

Der 44-Jährige ist nicht der erste US-Staatsbürger, den sich die nordkoreanischen Behörden geschnappt haben. Allein seit dem Jahr 2009 sind sechs Amerikaner vom stalinistischen Regime verhaftet worden. Stets aber haben es hochrangige amerikanische Politiker geschafft, sie vor der Zwangsarbeit in Nordkorea zu bewahren. Dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton etwa gelang es, im Jahr 2009 zwei Journalistinnen freizubekommen, die nordkoreanische Sicherheitskräften wegen illegalen Grenzübertritts festgenommen hatten.

Ein Jahr darauf reiste der frühere US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter nach Pjöngjang, um sich für die Freilassung der US-Bürgerin Aijalo Gomes einzusetzen. Sie war zu acht Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden: ebenfalls wegen angeblich illegaler Einreise. Zuletzt kam 2011 Eddie Jun Yong-su frei – ein halbes Jahr nach seiner Festnahme. Er wurde verhaftet, weil er angeblich in christlicher Mission unterwegs war. Christen werden in Nordkorea verfolgt.

Jimmy Carter soll vermitteln

Im Fall von Bae ist im Jänner der ehemalige Gouverneur des US-Bundesstaates New Mexico und frühere US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Bill Richardson, nach Nordkorea gereist und hat versucht, mit dem Regime in Pjöngjang zu verhandeln. Ohne Erfolg. Nun ist wieder Jimmy Carter als Vermittler im Gespräch.

Doch seit Jahresbeginn hat sich das Verhandlungsumfeld drastisch verändert – zuungunsten des verhafteten US-Staatsbürgers. Mitte Februar hat das Regime in Pjöngjang einen Atomtest unternommen. Als Reaktion darauf verschärfte der UNO-Sicherheitsrat im März die Sanktionen gegen das Regime. Sogar Pjöngjangs Alliierter China stimmte den Strafmaßnahmen zu.

„Trumpfkarte im Umgang mit den USA“

Daraufhin hat Nordkorea alle Verbindungen zu Südkorea gekappt, den Kriegszustand erklärt und auch die mit Südkorea gemeinsam betriebene Sonderwirtschaftszone Kaesong auf nordkoreanischem Gebiet schließen lassen. Zudem droht das kommunistische Regime von Diktator Kim Jong-un seit Monaten fast täglich, Südkorea, Japan und die USA anzugreifen.

Den verhafteten US-Bürger könnten die Nordkoreaner nun nach Ansicht von Experten einsetzen, um politischen Druck auf den Erzfeind USA auszuüben. „Bae ist eine Trumpfkarte im Umgang mit den USA“, sagt Koh Yu-hwan, Professor für nordkoreanische Studien an der Dongguk University in Seoul.

Ob Bae von der Zwangsarbeit im nordkoreanischen Gulag doch noch verschont wird, hängt nach Angaben Kohs nicht zuletzt davon ab, ob sich der Konflikt auf der koreanischen Halbinsel in den kommenden Wochen entschärfen wird. Derzeit jedoch stehen die Chancen für ihn schlecht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2013)

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