Italien: Schlank mit 63 Regierungsmitgliedern

Mit seinen 21 Ministern zeigte sich Premier Letta schon im Parlament, sie werden nun von 40 Stellvertretern und Staatssekretären unterstützt.
Mit seinen 21 Ministern zeigte sich Premier Letta schon im Parlament, sie werden nun von 40 Stellvertretern und Staatssekretären unterstützt.(c) EPA (GIUSEPPE LAMI)
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Der italenische Premier Enrico Letta hat 40 Vizeminister und Staatssekretäre ernannt, dazu kommen noch 21 Minister und ein Adlatus. Sein Kabinett war damit schneller als erwartet komplett.

Rom. Eine „nüchterne und schlanke Regierung“ hat Enrico Letta versprochen. Seit Freitagnacht besteht sie aus 63 Personen. Wenn das schlank ist, dann ist Werner Faymanns Mannschaft in Wien mit 13 Ministern und vier Staatssekretären geradezu ein Klappergestell. Für italienische Verhältnisse allerdings hat Letta nicht nur Wort gehalten, sondern fast schon eine Meisterleistung vollbracht: Im Jahr 2006 musste ein Romano Prodi 101 Minister- und Staatssekretärsposten ausgeben, nur um die Strömungen in seinem linken Lager zu bedienen. Letta wiederum muss nicht nur die Linken, sondern eine Große Koalition mit Silvio Berlusconis „Volk der Freiheit“ und Mario Montis „Bürgerwahl“ zusammenhalten – und er kommt mit weniger als zwei Drittel der Posten aus.

Das war, vor allem wegen Berlusconis Drängen auf mehr Mitsprache und mehr Posten, nicht einfach. Aber um sich nervenaufreibende Dauerdiskussionen zu ersparen, schlug Letta den gordischen Knoten bei einer Ministerratssitzung am späten Donnerstagabend einfach durch. Zwar kam auch er nicht an der goldenen Regel aller Großen Koalitionen vorbei, dass jedem Minister der einen Parteifarbe zwingend ein Vize oder ein Staatssekretär anderer Couleur als „Aufpasser“ beizugeben sei. Aber wie bei der Aufstellung seines Ministerrats selbst hat es der 46-jährige Letta auch diesmal geschafft, beinahe sämtliche Altpolitiker, Kader und „Versorgungsfälle“ der Parteien auszuschließen.

Am größten ist das Gedränge im Außenministerium. Dort bekam Ministerin Emma Bonino von der kleinen extrem liberalen „Radikalen Partei“ nicht nur je einen Vizeminister aus Lettas sozialdemokratischer und Berlusconis persönlicher Partei zugeteilt; für Monti und zur Beruhigung der über Bonino unglücklichen katholischen Kirche kam auch noch Mario Giro an Bord, der bisher bei der einflussreichen Laienbewegung „Comunità di Sant'Egidio“ Auslandsbeauftragter war.

Fabrizio Saccomanni, der „technokratische“ Finanzminister aus den Reihen der italienischen Nationalbank, muss sich künftig mit einem Vize arrangieren, mit Stefano Fassina, der als Vertreter des linken Flügels bei den Sozialdemokraten gilt. Diese Strömung wiederum war bereits dabei, sich ernstlich mit Regierungschef Letta zu überwerfen, weil dieser – vom katholischen Flügel her kommend – zuvor eher die zentristischen und „rechten“ Bestandteile seiner Partei in die Regierung aufgenommen hat.

Medienressort an Berlusconi

Finanzminister Saccomanni hat aber am Donnerstag bereits deutlich gemacht, dass er von jener Linie der Haushaltssanierung nicht abweichen wird, die Mario Monti vorgegeben hat. Wenn Steuererleichterungen oder veränderte Ausgaben, so Saccomanni, „dann nur kostenneutral“.

Für Italiens Alt- und Großpolitiker, die bei der Regierungsbildung leer ausgegangen sind, ist der Ofen noch nicht aus: Zum einen haben die zwei Parlamentskammern noch immer 28 Posten von Ausschussvorsitzenden zu vergeben, zum anderen will die Große Koalition eine Kommission zur Verfassungsreform einrichten. An deren Beschlüssen, vor allem zur Umgestaltung des Parlaments und zur Machterweiterung für den Premier, sollen die gewählten Volksvertreter nicht rütteln dürfen. Den Vorsitz dieses „Verfassungskonvents“ hat Silvio Berlusconi genauso ausdrücklich für sich reklamiert, wie er bei der Zuteilung der Staatssekretärsposten darauf bestand, dass im Ressort Telekommunikation/Massenmedien ein ihm Gewogener zum Zug kam. War er damit erfolgreich, so erregt sein Drängeln an die Spitze der Verfassungskommission Gegenwehr bei den Sozialdemokraten: Gerade einen wie Berlusconi, sagen die Parteirebellen um den Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi, dürfe man nicht mit der Verfassungsreform beauftragen.

Beruhigen dürfen sich, nach den Aussagen von Finanzminister Saccomanni, die Finanzmärkte. Sie erfuhren aus dem neuen Italien-Bericht der OECD, dass das Land zwar auf einem guten Weg sei, auf jeden Fall aber noch dieses Jahr in der Rezession bleiben werde. Eine Chance habe das Land nur bei konsequentem Schuldenabbau. Steuersenkungen seien derzeit „unmöglich“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2013)

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