Jemen-Geisel Dominik N. wieder in Freiheit

JemenGeisel Dominik wieder Freiheit
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Der Österreicher wurde gemeinsam mit dem finnischen Paar nach 138 Tagen Gefangenschaft freigelassen. Die drei befinden sich in Wien. Der Oman dürfte eine Schlüsselrolle bei den Vermittlungen gespielt haben.

Wien/Sanaa/APA/som. Zuletzt war es um Dominik N. beunruhigend still geworden. Das von den jemenitischen Entführern gestellte Ultimatum für eine Lösegeldzahlung war längst verstrichen. Seit Ende Februar gab es kein Lebenszeichen mehr von jenem 26-jährigen Österreicher, der im Dezember 2012 gemeinsam mit einem finnischen Paar aus der jemenitischen Hauptstadt Sanaa entführt worden war.

"Geduld und Hartnäckigkeit" brauche es in einem Kidnapping-Fall wie diesem, das war aus dem Wiener Außenministerium noch in der vergangenen Woche zu hören. Es klang wie eine verzweifelte Durchhalteparole.
Eine Durchhalteparole, die auf verschlungenen Wegen letztlich doch bei der Lösung des Falls geholfen hat. Am Donnerstagabend kam die Nachricht, dass das Geiseldrama beendet ist: Dominik N. ist wieder in Freiheit. Der 26-Jährige befindet sich nach Informationen des Außenministeriums bereits in Wien und wird im Heeresspital in Wien-Stammersdorf medizinisch betreut. Er soll „den Umständen entsprechend in gutem gesundheitlichen Zustand sein". Dominik N. erhält auch psychologische Betreuung. Die Verarbeitung seiner 138 Tage in Gefangenschaft hat für ihn gerade erst begonnen. Auch das zeitgleich mit ihm entführte finnische Paar hält sich derzeit noch in Wien auf.

"Tag der Erleichterung"

Wie die "Yemen Times" berichtete, waren er und die beiden zeitgleich mit ihm entführten finnischen Geiseln bereits in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag freigelassen worden. Offenbar waren die drei von einem Stamm in der Ortschaft Hawf nahe der jemenitisch-omanischen Grenze an die omanischen Behörden übergeben worden. Im Oman hatten österreichische Behörden dann den Erstkontakt mit Dominik N.
Als „Tag der Erleichterung" bezeichneten Bundeskanzler Werner Faymann und Außenminister Michael Spindelegger die Freilassung der drei Geiseln.

Offenbar hat der Oman eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung und Freilassung eingenommen. Dies legt zumindest eine erste von österreichischer Seite veröffentlichte Stellungnahme nahe, in der dem Sultan des Oman, Qaboos bin Said Al Said, persönlich gedankt wird. Man habe alle zur Verfügung stehenden politischen Kanäle genützt, heißt es dort, und „einer hat sich als erfolgreich erwiesen".

Dies sei „bewusst präzise so formuliert", heißt es auf Anfrage der „Presse" im Wiener Außenministerium. Auf die Frage nach anderen diplomatischen Helfern reagiert man hingegen ausweichend. In jemenitischen Medien wurde gemutmaßt, dass Vermittler aus dem Emirat Katar eine Rolle gespielt hätten. Katarische Vermittler hatten im Fall einer im Jemen entführten Schweizer Lehrerin geholfen. Sie war im Februar nach einem Jahr Gefangenschaft freigekommen - nach Zahlung eines millionenschweren Lösegelds.

Im Fall von Dominik N. und dem finnischen Paar waren es offenbar Entführer des Hawf-Stammes. Nach Angaben jemenitischer Medien könnte das Terrornetzwerk al-Qaida bei der Entführung seine Hände im Spiel gehabt. Man habe sich bemüht eine „humanitäre Lösung" ohne die Zahlung von Lösegeld zu finden, erklärte Spindelegger am Freitag im Ö1-„Frühjournal". „Das ist uns auch gelungen." Betroffene Regierungen streiten offiziell Zahlungen ab, um keine „ermutigenden" Signale an weitere potenzielle Entführer zu senden.

Bekannt ist mittlerweile die Identität der finnischen Entführten. Bei den beiden handelt es sich um den Armee-Oberleutnant Atte K. und seine Ehefrau Leila, selbst Reserve-Offizierin und Angestellte des finnischen Mineralölkonzerns Neste. Die finnischen Medien hatten die Personenangaben auf Behördenbitte zurückgehalten, um den Entführern keine Informationen zu geben, die den Wert der Geiseln gesteigert hätten. Laut Armeeangaben hatte die Teilnahme an einem Sprachkurs in Sanaa nichts mit Atte K.s Eigenschaft als Offizier zu tun.

Mehrmalige Ortswechsel

Die Sprachschule in Sanaa war der Ort, wo der 26-jährige Student und das finnische Paar einander kennen gelernt hatten. Dominik N. hatte bereits einige Monate im Jemen verbracht, er wollte bald nach Österreich zurückkehren. Am 21. Dezember wurden die drei von Bewaffneten aus der Altstadt von Sanaa entführt. Laut der „Jemen Times" wechselten die Entführer mehrmals den Ort: Zunächst hielten sie sich in der Provinz Marib auf, dann zogen sie nach Hadramaut weiter, schließlich nach al-Mahra, eine östliche Provinz, die an den Oman grenzt.

Ende Februar tauchte auf YouTube ein Video auf, in dem der Student an die betroffenen Regierungen appellierte, die Lösegeldforderungen des Stammes zu erfüllen - Zahlen wurden dabei keine genannt. „Andernfalls werden sie mich sieben Tage nach Veröffentlichung dieses Videos töten." Sieben Tage verstrichen, zwei weitere Monate vergingen, doch jetzt ist Dominik N. wieder in Freiheit.

Chronologie

Am 21. Dezember 2012 wurde Dominik N. (26) gemeinsam mit einem finnischen Paar aus Sanaa entführt. Seitdem soll er sich in der Gewalt eines jemenitischen Stammes befunden haben.
Am 21. Februar wandte Dominik N. sich in einem Video-Appell an westliche Regierungen; würde das Lösegeld nicht bezahlt, werde er erschossen. Seine Familie bat die Kidnapper daraufhin in einem Clip um Gnade.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass Dominik N. und die beiden finnischen Geiseln freigekommen sind und ins Wiener Heeresspital (Bild) gebracht wurden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2013)

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