Tote durch Autobomben: Syrien-Konflikt erreicht Türkei

Tote durch Autobomben: Syrien-Konflikt erreicht Türkei
Tote durch Autobomben: Syrien-Konflikt erreicht TürkeiEPA
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Die Explosionen ereigneten sich in einem Dorf nahe der Grenze. Etliche Menschen wurden verletzt. Außenminister Davutoglu warnt davor, "die Kraft der Türkei auszutesten".

Das türkisch-syrische Grenzgebiet ist am Samstag von heftigen Explosionen erschüttert worden. Mehr als 40 Menschen wurden in Reyhanli durch Autobomben getötet, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf türkische Behörden. Mehr als 100 weitere Menschen seien verletzt worden, viele von ihnen schwer. Die Zahl der Toten könnte demnach noch steigen, sagte Premier Recep Tayyip Erdogan.

Außenminister Ahmet Davutoglu warnte in einem ersten Statement davor, die "Kraft der Türkei auszutesten". Sein Land habe das Recht auf "Maßnahmen jeder Art", betonte Davutoglu. Die Ermittlungen seien derzeit noch im Gange.

Türkei sieht Assad-Regime hinter Anschlägen

Die türkische Regierung sieht das Regime von Bashar al-Assad in Syrien hinter den Anschlägen. "Die Leute und die Organisation dahinter sind identifiziert. Es ist erwiesen, dass sie zu Organisationen gehören, die vom syrischen Regime und seinem Geheimdienst unterstützt werden", sagte Innenminister Muammer Güler laut dem Sender TRT. Auch Vize-Premier Besir Atalay erklärte, die Angreifer hätten Verbindungen zum syrischen Geheimdienst.

Die Sprengsätze seien gegen 13.55 Uhr Ortszeit (12.55 Uhr MESZ) vor einem Verwaltungsgebäude und der Post explodiert, so Güler. Wer hinter dem Anschlag stecken könnte, war zunächst unklar. Nach ersten Ermittlungen waren zwei Autobomben explodiert. Auch Häuser wurden schwer beschädigt, darunter ein Verwaltungsgebäude. Nach Angaben syrischer Aktivisten waren unter den Verletzten auch einige Syrer.

Derzeit seien neun Verdächtige zu Verhören in Polizeigewahrsam, sagte Atalay am Sonntag bei einer Pressekonferenz, die von dem Nachrichtensender NTV übertragen wurde. "Es gibt Geständnisse", fügte er hinzu.

Syrien weist Verantwortung zurück

Syriens Regime reagierte erst am Sonntag auf die Vorwürfe aus Ankara. "Unsere Werte erlauben uns so etwas nicht", sagte der Informationsminister Omran al-Sohbi im Staatsfernsehen. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana zitierte ihn mit den Worten, die türkische Regierung habe zugelassen, dass aus der Grenzregion ein Zentrum für den internationalen Terrorismus geworden sei. Ankara trage dafür die moralische und politische Verantwortung, sagte al-Sohbi.

Der Anschlag gilt als der schwerste auf ein türkisches Ziel seit Beginn des Aufstandes gegen Assad im März 2011 im Nachbarland. Die Türkei steht auf der Seite der syrischen Aufständischen und hat zahlreiche Flüchtlinge aus Syrien untergebracht. Jüngst hat Ankara den Kurs gegen die Regierung von Assad noch einmal verschärft. Erdogan sagte dem US-Sender NBC, die von den USA gezogene rote Linie zum Einsatz von Chemiewaffen sei von Syriens Regime längst überschritten und forderte Washington zum Handeln auf.

Giftgas-Einsatz in Syrien?

US-Außenminister John Kerry gab unetrdessen bekannt, trotz "starker Beweise" für einen Chemiewaffeneinsatz syrischer Regierungstruppen gegen die Aufständischen auf eine diplomatische Lösung zu setzen. Wenn sich alle Seiten verantwortungsbewusst und verständigungsbereit zeigten, sei eine friedliche Beendigung des blutigen Bürgerkriegs möglich, sagte Kerry in einem vom Internetkonzern Google, dem Sender NBC und dem US-Außenministerium veranstalteten Online-Chat.

Russland und die USA hatten sich Anfang der Woche auf die Einberufung einer internationalen Konferenz zur Beendigung des Bürgerkriegs verständigt. Zu der Konferenz in Genf sollen alle an dem Konflikt beteiligten Gruppen aus Syrien kommen. Da es aber bisher zu keiner Verständigung zwischen dem Westen und Russland über das Format und die Teilnehmer gibt, werde die Konferenz nicht mehr im Mai stattfinden, hieß es am Samstag aus russischen Diplomatenkreisen.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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