Iran: Ein Dreikampf um die Nachfolge Ahmadinejads

Iran Dreikampf Nachfolge Ahmadinejads
Iran Dreikampf Nachfolge Ahmadinejads(c) EPA (ABEDIN TAHERKENAREH)
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Drei Lager treten um das Präsidentenamt an: Konservative Parteigänger des geistlichen Führers Khamenei, Pragmatiker wie Rafsanjani und ein Ahmadinejad-Getreuer. Angst und Verdruss beherrschen das politische Klima.

Kairo/Teheran. Alles schien abgekartet. Trotzdem ist am Wochenende in das Rennen um die Nachfolge des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad überraschend Bewegung gekommen. Nicht nur eine handverlesene Riege strikt konservativer Politiker meldete für die Wahlen am 14. Juni ihre Kandidatur an. Auch der frühere Präsident, Akbar Hashemi Rafsanjani, warf seinen Hut in den Ring – ebenso wie Ahmadinejads umstrittener Vertrauter, Esfandiar Rahim Mashaei. Beide gehören nicht zum Lager der Reformer, stehen jedoch in kritischer Distanz zum obersten Führer Ali Khamenei.

Rafsanjani fordert eine pragmatischere Politik gegenüber dem Westen, er bezeichnet Ahmadinejads Diplomatie „amateurhaft“. Mehrfach setzte sich der 78-Jährige für die Freilassung politischer Gefangener ein und kritisierte die klerikalen Hardliner.

Mashaei wiederum will den Klerus und die Revolutionsgarden möglichst ganz aus der Politik drängen. Er hält die Verquickung von Religion und Politik im Iran für falsch, tritt für mehr individuelle Freiheiten und Rechte der Bürger ein. Der 52-Jährige, dessen Tochter mit einem Sohn Ahmadinejads verheiratet ist, gilt als konservativ und national gesinnt, aber mit offenen Ansichten zu Kultur und Sozialem.

Der Wunschkandidat der Reformer, der ehemalige Präsident Mohammed Khatami, hatte zuvor seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklärt. Er sprach von einer „erstickenden Sicherheitsatmosphäre“ im Land. „Die Jugend und die Mittelklasse haben jede Hoffnung verloren“, kritisierte Chatami und appellierte an seine Anhänger, Rafsanjani zu wählen.

Mashaei erschien zur Einschreibung demonstrativ Hand in Hand mit Ahmadinejad. Er werde die Strategie seines politischen Ziehvaters fortsetzen. Seit Jahren eckt Mashaei beim religiös-orthodoxen Establishment an, das ihn als „Abweichler“ beschimpft, was dem Vorwurf der Gotteslästerei nahekommt. Einmal intervenierte Khamenei persönlich, um dessen Entlassung als Vizepräsident durchzusetzen.

Frust und Apathie

Mit der Bewerbung von Rafsanjani und Mashaei könnte sich im Iran nun ein Dreikampf entwickeln zwischen den harten Konservativen, den moderaten Pragmatikern sowie den Anhängern Ahmadinejads. Für das konservative Establishment bedeutet dies ein schwer kalkulierbares Szenario. Aus dem konservativen Lager bewarben sich unter anderem Ex-Außenminister Ali Akbar Velajati, der Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen, Saeed Jalili, sowie der Teheraner Bürgermeister. Insgesamt ließen sich mehr als 680 Bürger registrieren, darunter rund 30 Frauen. Der Wächterrat muss alle Bewerbungen prüfen.

Die Iraner betrachten die Kandidatenkür distanziert und frustriert. Anders als vor vier Jahren, als viele große Reformhoffnungen in die grüne Bewegung und ihre beiden Spitzenvertreter Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karroubi setzten, herrscht diesmal Apathie, Angst und Verdruss. Das innenpolitische Klima ist heillos vergiftet, die internationale Isolierung der Islamischen Republik stärker als je zuvor, die Machtelite durch endlose interne Kämpfe gelähmt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2013)

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