Der Präsident, an dem nichts kleben bleibt

U.S. President Barack Obama waves from Air Force One at Chicago's O'Hare Airport
U.S. President Barack Obama waves from Air Force One at Chicago's O'Hare AirportReuters
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Barack Obama bleibt trotz einiger Skandale ziemlich beliebt. Die Republikaner grübeln, ob sie sich mit persönlichen Attacken nicht ähnlich schaden wie 1998.

Washington. Mag es im politischen Druckkochtopf Washington auch noch so wild brodeln: An Barack Obama bleibt nichts kleben. Ungeachtet dreier Skandale, die seine Regierung im Kreuzfeuer der oppositionellen Republikaner und empörter Journalisten festnageln, sind die Beliebtheitswerte des Präsidenten ungebrochen. 79 Prozent der Teilnehmer an einer Umfrage des Fernsehsenders CNN nannten Obama vorletzte Woche „likable“, also sympathisch.

Auf die jeden Dienstag von den Gallup-Meinungsforschern gestellte Frage, ob sie Obamas Amtsführung zustimmen, antworteten diese Woche 49 Prozent mit Ja und 44 Prozent mit Nein. Gerade einmal jeder hundertste Befragte ließ sich von den jüngsten Skandalen dazu bewegen, Obama die Zustimmung zu entziehen.

Kein Mitleid mit Journalisten

Einzig in der Umfrage der Quinnipiac University bildeten sich die Offenbarungen über zweifelhaftes Verhalten der Regierung Obamas etwas deutlicher ab. 45 Prozent heißen hier seine Amtsführung gut, 49 Prozent lehnen sie ab. Anfang Mai, bevor der für Obama gefährlichste Skandal ausbrach, waren noch 48 Prozent dafür und 45 Prozent dagegen.

Weder die Enthüllung der gezielten Schikanen der Steuerbehörde IRS gegen Gruppen der Tea-Party-Bewegung noch jene der gezielten Bespitzelung von Journalisten der Associated Press und Fox News durch das Justizministerium oder die teilweise unwahren Angaben von Außenministerium und Weißem Haus zu den Umständen des Terrorangriffs auf das US-Konsulat in Benghasi im September 2012 kümmern die Bürger.

Das hat drei Gründe: Erstens sind Journalisten in Amerika wie in vielen anderen Ländern sehr unbeliebt. In einer Gallup-Umfrage vom Dezember 2012 sagten nur 22 Prozent, dass sie Journalisten für ehrlich halten. 30 Prozent meinten das Gegenteil. Die Medien mögen über die Spitzelei des Justizministeriums vor Wut schäumen – von den Bürgern bekommen sie dafür kein Mitleid. In der Quinnipiac-Umfrage hielten nur 15 Prozent diesen Skandal für den schlimmsten. 44 Prozent hingegen meinten, die Schikanen der Steuerbehörde seien am wichtigsten.

„It's still the economy, stupid“

Zweitens interessieren sich die Amerikaner kaum für das parteipolitische Hickhack in Washington – vor allem dann nicht, wenn die nächsten Wahlen zum Kongress erst 2014 stattfinden.

Drittens – und am bedeutsamsten – ist den Leuten im Land ihre persönliche wirtschaftliche Lage wichtiger als alles andere. In der Quinnipiac-Umfrage sagten 73 Prozent, es sei wichtiger, etwas gegen die Arbeitslosigkeit und für die Wirtschaft zu tun, als sich mit den drei Skandalen zu befassen. In einer Variation des berühmten Wahlkampfslogans von Bill Clinton lässt sich also festhalten: „It's still the economy, stupid.“ Dass eine relative Mehrheit von 34 Prozent meint, die Wirtschaftslage verbessere sich, sei ein Grund dafür, dass Obamas Zustimmungsraten nicht stärker leiden, hielt Peter Brown von der Quinnipiac University fest.

Obama weiß das. Und darum tut er das, wofür ihn seine Anhänger lieben und seine Gegner verachten: Er schwebt über den Dingen. Die Skandale hätten ihn persönlich empört, man müsse so etwas abstellen, aber darüber hinaus müsse sich Amerika aufraffen und die Mittelschicht stärken. Das kommt bei Demokraten, Unabhängigen, Jungen und Frauen an, genau jenen Gruppen, dank deren Zuspruch Obama zweimal in Folge ins Weiße Haus einzog.

Die Republikaner stehen vor demselben Problem wie vor 15 Jahren. Damals schossen sie sich auf die Sexaffäre von Bill Clinton mit seiner Praktikantin Monica Lewinsky ein. Die Wähler servierten ihnen dafür eine geschmalzene Rechnung: Bei den Zwischenwahlen 1998 gewannen Clintons Demokraten im Kongress dazu. Das war der Partei, die das Weiße Haus hält, zuletzt 1822 gelungen.

Auf einen Blick

Drei Skandale erschüttern seit Wochen die US-Regierung. Die Steuerbehörde IRS hat seit 2010 gezielt konservative Lobbygruppen der Tea-Party-Bewegung schikaniert, das Justizministerium heimlich die Telefonprotokolle und E-Mail-Konten von Reportern bespitzelt, und Außenministerium und Weißes Haus verstricken sich in Widersprüche über ihre Reaktion auf den tödlichen Terroranschlag auf das US-Konsulat im libyschen Benghasi im September 2012.

Die Beliebtheit des Präsidenten ist bisher aber kaum getrübt. In einer CNN-Umfrage sagten 79 Prozent, sie fänden Barack Obama sympathisch. Laut Gallup stimmen 49 Prozent seiner Amtsführung zu: Das ist genau der Durchschnittswert, seit Obama im Jänner 2009 ins Weiße Haus zog. Beobachter führen das darauf zurück, dass die Amerikaner den parteipolitischen Kleinkrieg in Washington großteils ignorieren und Obama es schafft, sich als über den Dingen schwebend zu inszenieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2013)

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