Tirols Landeshauptmann fordert Verteidigungsminister Gerald Klug auf, den Abzug vom Golan noch einmal genau zu prüfen.
Wien/Innsbruck. Der frühere Verteidigungsminister, Tirols ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter, kritisiert den amtierenden Ressortchef Gerald Klug (SPÖ) wegen des angekündigten Truppenabzugs vom Golan. Platter fordert Verteidigungsminister Gerald Klug auf, den Beschluss „im Sinne der Solidarität und der Aufgabenstellung in der Staatengemeinschaft“ noch einmal genauestens zu prüfen. Das Bundesheer habe eine hohe Kompetenz auf dem Golan, sagt Platter in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“. „Selbstverständlich geht die Sicherheit der Soldaten vor, aber nur aus einem Bauchgefühl heraus zu entscheiden, ist falsch.“
Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) verteidigte gestern den geplanten Abzug. „Wir sind seit 39 Jahren dort, wir haben bedauernswerterweise auch Todesopfer zu verzeichnen gehabt“ – 23 Österreicher sind seither getötet worden. Mit dem Wahlkampf habe der Abzug nichts zu tun. Nun fänden aber „Kampfhandlungen ohne Rücksicht auf die UNO-Truppen statt“, sagte Spindelegger im Ö1-Radio. Die Rebellen und die Assad-Truppen würden „nicht mehr respektieren, dass die UNO unantastbar ist“. Wenn die Versorgungslinien der UNO-Truppen unterbrochen würden, „kann ja niemand mehr diese Mission aufrechterhalten“. Daher müsse die UNO prinzipiell überlegen, „ob unter solchen Bedingungen ein Einsatz noch möglich ist“.
Vorwürfe, Österreich ziehe überstürzt ab, lässt Spindelegger nicht gelten: Er habe in Israel, bei der UNO „und auch allen meinen Kollegen“ in der EU angekündigt, es werde „sehr schwer für uns, auf dem Golan zu bleiben“, wenn das Waffenembargo der EU gegen Syrien falle, was mittlerweile passiert sei. Üblicherweise wird der Abzug von Blauhelmen der UNO aber mit dreimonatiger Frist angekündigt.
In der Frage, ob Österreich syrische Flüchtlinge aufnehmen soll, spielt Spindelegger den Ball an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) weiter. Sie hat das bereits abgelehnt. Der Vizekanzler kann sich aber eine Ausnahme vorstellen: „Bei syrischen Christen, die ja jetzt auch unter religiöser Verfolgung ganz besonderer Art stehen, sollten wir uns beteiligen.“
Commenda verteidigt Golan-Abzug
"Davonrennen gibt es bei uns nicht", hatte Generalstabschef Othmar Commenda noch vor wenigen Wochen über den österreichischen Golan-Einsatz gesagt. Den Abzug der Österreicher unterstützt er nun dennoch. Er denke dabei vor allem an Reaktionen auf einen möglichen Todesfall, so Commenda in der "Tiroler Tageszeitung" vom Sonntag. Wenn die Perspektive sei, dass im Fall des Falles auf Druck der Politik und der öffentlichen Meinung ohnehin der Rückzug eingeleitet werde, sei es besser, gleich zu gehen. „Bevor wir gehen, weil wir einen Toten haben, ist es besser, wir gehen gleich und ersparen uns den Toten."
Ende Mai warnte der Generalstabschef gegenüber noch davor, das Thema für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. „Wir Soldaten bleiben, solange man uns braucht", erklärte Commenda damals.
Gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" übte der Generalstabschef nun vor allem Kritik an der UNO. Diese habe es weder geschafft, ausreichend gepanzerte Fahrzeuge für die Mission zur Verfügung zu stellen, noch die Syrer davon zu überzeugen, zusätzliche österreichische Ausrüstung passieren zu lassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2013)