NSA-Chef verteidigt Datenspionage: „Was wir hier tun, ist richtig“

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NSA Chef verteidigt Datenspionage bdquoWas(c) REUTERS (YURI GRIPAS)
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USA. r Leiter des US-Militärgeheimdienstes bekommt im Senat viel Lob und kaum Kritik. Das trifft den Geist der Amerikaner. Die Datenschnüffelei des Staates regt sie kaum auf.

Washington. Irgendwann während der knapp zweistündigen Anhörung im Senat dürfte Mary Landrieu dem Zauber der Montur erlegen sein. Mit bebender Stimme dankte die demokratische Senatorin aus Louisiana Keith B. Alexander, dem Viersternegeneral an der Spitze der National Security Agency (NSA), für seine Dienste im Kampf um die Sicherheit der Amerikaner.

Sie sei von Alexanders Stab hervorragend über Prism informiert worden, jenes bis vor wenigen Tagen streng geheime Programm, im Rahmen dessen sich NSA und CIA Zugriff auf E-Mails und sonstige persönliche Daten von den Rechnern der Internetunternehmen verschaffen. Jetzt kenne sie sich aus, sagte Landrieu und trug jene merkwürdige Analogie vor, mit der ihr die NSA-Beamten die Funktionsweise der Internetüberwachung verständlich gemacht hätten. Das Militär sei wie der Schraubverschluss einer Colaflasche. Die amerikanische Regierung sei wie deren Inhalt. Der ganze Rest der Gesellschaft sei das Zimmer, in dem die Colaflasche stehe.

General Alexander segelte am Mittwoch mit dem günstigen Wind einer freundlichen öffentlichen Meinung durch seine Anhörung. Die Amerikaner haben mehrheitlich kein großes Problem damit, dass ihre Regierung und insbesondere deren militärischer Spionagedienst die Möglichkeit hat, auf all ihre Telefongespräche und auf Daten zuzugreifen, die sie im Internet erzeugen, sammeln, austauschen und speichern.

Geheimdienst hat den Rückhalt der Bürger

Drei neue Meinungsumfragen belegen diese mehrheitliche Gleichgültigkeit in fast identischen Zahlen. Gegenüber dem Pew Research Center befanden es 56 Prozent der Teilnehmer als akzeptabel, dass die NSA im Rahmen dieses Programms „geheime Gerichtsurteile bekommt, um bei Terrorismusermittlungen die Rufdaten von Millionen Amerikanern erfassen zu können“.

Eine weitere Umfrage des Fernsehsenders CBS News kommt bei genauem Hinsehen zum gleichen Ergebnis. Zwar lehnen es 58 Prozent der Befragten ab, dass die Regierung „die Rufdaten normaler Amerikaner sammelt“. Fragt man dieselben Menschen aber, ob diese Rufdatensammlung ein notwendiges Werkzeug ist, um Terroristen zu finden, stimmen 53 Prozent zu.

Dasselbe gilt für die dritte, neue Umfrage in dieser Sache. Nur 37 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage von Gallup stimmen Prism voll und ganz zu. Doch weitere 21 Prozent bejahen auf Nachfrage, dass es Umstände gäbe, bei denen so eine Datenerfassung akzeptabel wäre. Macht also 58 Prozent volle oder bedingte Zustimmung.

FBI ermittelt gegen Aufdecker Snowden

Diese Ergebnisse zeigen, wie tief die amerikanische Gesellschaft noch immer von den terroristischen Anschlägen des 11. September 2001 geprägt ist. So sehr sich ein großer Teil der Bürger gegen staatliche Bevormundung wehrt: Beim Militär hört links und rechts des ideologischen Grabens das Misstrauen gegenüber dem Staat auf.

Somit kann Edward Snowden in seinem anstehenden Strafprozess auf wenig öffentliche Unterstützung hoffen. Der ehemalige NSA- und CIA-Mitarbeiter hat mit seinen Enthüllungen die Affäre um die Datenspionage der Geheimdienste ausgelöst. Am Donnerstag gab das FBI bekannt, gegen ihn zu ermitteln. Wo sich Snowden derzeit befindet, ist unbekannt.

Dem republikanischen Kongressabgeordneten Peter King aus New York geht das nicht weit genug. Er fordert auch die strafrechtliche Verfolgung jener Journalisten der britischen Zeitung „The Guardian“, die Snowdens Daten veröffentlicht haben. Kings Forderung nach voller Härte für Aufdeckerjournalisten wohnt eine gewisse Ironie inne. Der Scharfmacher aus Queens war in den 1980er-Jahren nämlich ein glühender Anhänger der irischen Terrororganisation IRA. „Wir müssen diesen tapferen Männern und Frauen unsere Treue schwören, die in diesem Augenblick auf den Straßen von Belfast und Derry den Kampf gegen den britischen Imperialismus fortführen“, rief er im Jahr 1982 bei einer Veranstaltung von IRA-Sympathisanten in Long Island in die Menge.

NSA-Chef Alexander blieb in der Anhörung vom Mittwoch gelassen. „Was wir hier tun, ist richtig“, sagte er. Prism habe „Dutzende von terroristischen Akten verhindert“. Wie genau, wollte er unter Berufung auf die Geheimhaltung allerdings nicht erläutern. Er wolle es den Senatoren aber gern in einer weiteren Anhörung erklären. Hinter verschlossenen Türen, versteht sich.

Auf einen Blick

Die Amerikaner haben laut drei neuen Umfragen mehrheitlich kein Problem damit, dass der Militärgeheimdienst NSA ihre Telefon- und Internetdaten in Bausch und Bogen erfassen kann. Absolute Mehrheiten von mehr als 50 Prozent befürworten das umstrittene Prism-Programm, nur ein Drittel lehnt es entschieden ab, der Rest ist unentschieden. Die Zustimmung zur geheimdienstlichen Überwachung steigt rasant, wenn Terrorbekämpfung als ihr Zweck angegeben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2013)

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