UN-Generalsekretär Ban Ki-moon lotet aus, ob die bündnisfreien Schweden für Österreichs Blauhelme einspringen könnten. Es gibt aber noch keine offizielle Anfrage.
Wien/Stockholm. Das bündnisfreie Schweden erwägt, bei der UN-Mission auf den syrischen Golanhöhen für Österreich einzuspringen. „Wir prüfen die Angelegenheit. Es wäre aber noch zu früh zu sagen, ob und wann und wie viele Soldaten wir schicken“, sagte die Sprecherin des schwedischen Außenamts Charlotta Ozaki Macias zur „Presse“.
Der Abzug der österreichischen Blauhelme vom Golan (am Mittwoch kehrten die ersten 67 der insgesamt 380 Soldaten zurück) löst hektische diplomatische Aktivitäten aus. Die ganze Mission ist in Gefahr. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat in den vergangenen Tagen verschiedenste Regierungen um Hilfe gebeten. Die Fidschi-Inseln haben angeblich bereits zugesagt, ihr Kontingent, das in 14 Tagen überhaupt erst auf dem Golan ankommen soll, aufzustocken. Doch die Fidschis gelten bei UN-Missionen nicht als A-Nation. Die UNO hätte noch gern einen europäischen Truppensteller.
Ban Ki-moon hat deshalb auch Außenminister Carl Bildt angerufen, um Schwedens Bereitschaft für einen Golan-Einsatz auszuloten. Das bestätigte Bildts Pressesprecher Erik Zsiga gegenüber der „Presse“. Die Vereinten Nationen hätten jedoch noch keine formelle Anfrage gestellt. Ban Ki-moon sei es in dem Telefonat darum gegangen, Bildts Meinung einzuholen und herauszufinden, ob Schweden überhaupt Potenzial für ein Engagement hätte, erklärte Zsiga.
Die israelische Zeitung „Haaretz“ berichtete, dass Schweden nur im Rahmen einer skandinavischen Truppe, der auch Finnland, Dänemark und Norwegen angehören müssten, Soldaten auf den Golan schicken würde. Das konnte der Sprecher des schwedischen Außenamts jedoch nicht bekräftigen, ebenso wenig, dass Schweden auf ein robusteres Mandat beharre und das Kommando in der Undof-Mission übernehmen wolle. „Wir verhandeln noch nicht mit der UNO“, sagte Zsiga. Doch eines ist für ihn klar: „Die Golan-Mission ist sehr wichtig.“
„Das wäre richtig peinlich für Österreich“
Ein schwedischer Diplomat wies freilich im Hintergrundgespräch darauf hin, dass ein etwaiger Einsatz auf dem Golan noch mit vielen Fragezeichen versehen sei. Auch Schweden sehe die Risken, die seit Ausbruch des Bürgerkriegs deutlich gestiegen seien. Zudem schränkte die schwedische Diplomatie möglicherweise ihren Handlungsspielraum in Syrien ein, wenn sie sich für eine Beteiligung an der UN-Truppe auf dem Golan ausspräche. Und dann sei da noch die Frage, ob und wie schnell Schwedens Armee einsatzbereit sei.
Tatsächlich hat die Regierung in Stockholm erst vor zwei Wochen entschieden, Soldaten zur EU-Ausbildungsmission in Mali zu schicken. Angehörige der schwedischen Streitkräfte nehmen zudem in Afghanistan, im Kosovo und im Golf von Aden an internationalen Einsätzen teil.
Schwedens Armee kooperiert eng mit anderen skandinavischen Ländern. Finnland schloss aus, Soldaten vom Unifil-Einsatz im Libanon zur Undof-Truppe auf den Golan zu transferieren. Möglich sei jedoch die Entsendung von Beobachtern (UNTSO), sagte Finnlands Außenminister Tuomioja.
Wenn nun ausgerechnet andere bündnisfreie EU-Mitglieder Österreich auf dem Golan ersetzten, entstünde zumindest ein unangenehmes Bild für die Bundesregierung. Ein hochrangiger Offizier geht gegenüber der „Presse“ noch weiter. „Das wäre dann so richtig peinlich für Österreich.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2013)