Tschechien: Premier Nečas tritt zurück

Tschechien Premier Nacas tritt
Tschechien Premier Nacas tritt(c) REUTERS (� Stringer . / Reuters)
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Nach der Spitzel- und Korruptionsaffäre wirft der Regierungschef das Handtuch. Mit ihm endet auch die Amtszeit des gesamten Kabinetts.

Der tschechische Premier Petr Nečas zieht die Konsequenzen aus einer Spitzel- und Korruptionsaffäre und tritt zurück. Er werde die Demission am morgigen Montag einreichen, teilte Necas nach einer Besprechung der engsten Führung seiner konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) am Sonntagabend mit. "Der Augenblick ist gekommen, und ich übernehme dafür die volle politische Verantwortung", erklärte Nečas , der auch den ODS-Vorsitz niederlegen will.

Nečas sagte weiter, er sei sich bewusst, wie sein persönliches Leben seine Partei und die Regierung belaste. Der Regierungschef reagiert damit auf Vorwürfe rund um Korruptions- und Bespitzelungvorwürfen, deretwegen am Donnerstag bei einer Polizei-Razzia unter anderem seine langjährige Büroleiterin Jana Nagyova, drei hochrangige Vertreter des militärischen Nachrichtendienstes sowie drei ehemalige ODS-Abgeordneten festgenommen und später in Untersuchuhgshaft genommen wurden. In der Affäre geht es vor allem um die geheimdienstliche Überwachung der Ehefrau von Nečas, die Nagyova beim militärischen Nachrichtendienst bestellt hatte.

Medien sowie Politiker sagen Nečas und Nagyova nach, dass ihr Verhältnis über die Arbeitssphäre hinausgeht. Nagyova war bereits 2006 die Chefin des Sekretariats von Necas, als dieser noch Arbeitsminister war. Necas hatte Anfang des Jahres eine Trennung und vor einigen Tagen die Scheidung von seiner Ehefrau angekündigt.

Nečas für Fortsetzung der Koalition

Nečas hat sich für das Fortsetzen der bisherigen Koalition seiner ODS mit der liberal-konservativen TOP 09 des Außenministers Karel Schwarzenberg und der kleiner Partei LIDEM der Vizeregierungschefin Karolina Peake ausgesprochen. Die künftige Regierung sollte wieder von einem ODS-Vertreter geführt werden, sagte Nečas ohne jemanden zu nennen. In den Medien wird über den bisherigen Industrie- und Handelsminister und den ersten ODS-Vizechef Martin Kuba als Nachfolger von Nečas  spekuliert.

Ob das bisherige Regierungsbündnis aus ODS, TOP 09 und LIDEM mit einem neuen Premier fortgesetzt wird, hängt nun aber auch von Staatspräsident Milos Zeman ab. Er kann die Vorschläge der Koalition akzeptieren, allerdings könnte er auch eine beliebige Person mit der Bildung der neuen Regierung beauftragen. Auf jeden Fall wird sich die neue Regierung einer Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus stellen müssen.

Die Opposition lehnt eine bloße Umbildung des Kabinetts ab und fordert vorgezogene Parlamentswahlen. Der planmäßige Termin der Wahlen wäre Frühjahr 2014. Der Rücktritt des Regierungschefs bedeutet laut tschechischer Verfassung die Demission des gesamten Kabinetts. Die für kommenden Dienstag angekündigte Misstrauensabstimmung, die von der linken Opposition beantragt worden war, wurde damit gegenstandslos.

(APA)

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