Ägypten: Ex-Terrorist wird Gouverneur in Luxor

ExTerrorist wird Gouverneur Luxor
ExTerrorist wird Gouverneur Luxor(c) EPA (KHALED ELFIQI)
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Der Kulturkampf spitzt sich zu. In der Touristenstadt Luxor regen sich heftige Proteste gegen den neuen Gouverneur. Er gehörte zu den Gründern einer Terrorgruppe.

Kairo. Ihr Slogan lautet „Tamarud – Rebellion“. Sie wollen für Ägypten eine zweite Revolution. Im ganzen Land sammeln die jungen Aktivisten Unterschriften gegen Mohammed Mursi. Millionen haben die Petition bereits unterschrieben, die den Muslimbruder auf dem Präsidentensessel zum Rücktritt auffordert. Für den 30.Juni, den ersten Jahrestag seiner Vereidigung, hat das liberale Lager im ganzen Land Massendemonstrationen angekündigt. „Wir appellieren an alle Ägypter, auf die Straßen zu gehen, damit wir uns unsere Revolution zurückholen“, erklärte Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei, einer der Sprecher der Opposition.

Doch die herrschenden Islamisten halten gegen. Sie denken nicht daran, zu weichen. Mursi denunzierte die Tamarud-Bewegung als absurd und illegitim, inszeniert von Resten des alten Mubarak-Regimes. Seine Anhänger planen große Gegenkundgebungen und bauen derweil ihre Macht systematisch weiter aus. Ägyptens Polizei aber rüstet sich für schwere Krawalle. Die Armee ließ erklären, man werde den Staat verteidigen und sei auf alle Eventualitäten vorbereitet.

Das blutige Trauma von 1997

„Wir wollen keinen Terroristen“, stand auf den Plakaten der Demonstranten zu lesen, die am Dienstag den Zugang zum Gouverneurspalast in Luxor blockierten. Andere waren zum Flughafen gezogen, wo der in Kairo frisch vereidigte Politiker am Dienstag landete. Seit bekannt ist, dass Luxors neuer Gouverneur, Adel el-Khayat, Gründungsmitglied der ehemaligen Terrorgruppe Gamaa Islamiya ist, gehen in der Stadt der weltberühmten Tempel und Königsgräber die Wellen hoch. Vielen hier steckt bis heute das schlimmste Massaker in der modernen Geschichte Ägyptens noch in den Knochen, als 1997 Gotteskämpfer von Gamaa Islamiya eine Touristengruppe beim Hatshepsut-Tempel unter Beschuss nahmen. 58 Besucher und vier Ägypter starben in dem Blutbad. Erst im Jahr 2000 schwor die Terrorgruppe offiziell der Gewalt ab. Nach der Revolution saßen 13 ihrer Mitglieder als Abgeordnete der salafistischen Aufbau- und Entwicklungspartei in dem inzwischen aufgelösten Post-Mubarak-Parlament. Mit dem erzkonservativen 52Jahre alten Adel el-Khayat kontrollieren die Islamisten nun 13 der 27 Provinzregierungen.

Doch der Widerstand gegen deren Machtstreben wächst. Seit einem Monat tobt in Kairo ein beispielloser Kulturkampf zwischen der Künstlerelite des Landes und dem neuen islamistischen Kulturminister. Vor den Tankstellen bilden sich seit Monaten lange Schlangen, Stromausfälle gehören zu den Alltagsplagen. Die Währung verfällt, die Preise für Lebensmittel klettern. Und so schlittert Ägypten immer weiter hinein in eine Zerreißprobe, wie es sie in seiner modernen Geschichte noch nicht gegeben hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2013)

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