"Ich bin der erste US-Präsident, der hier in Freiheit auf dieser Seite des Tors sprechen kann", rief Obama vor dem Brandenburger Tor in einer Rede mit viel Pathos.
Berlin, kurz nach 15 Uhr vor dem Brandenburger Tor: Die Schweißperlen tropften ihm vom Gesicht, als Barack Obama bei 32 Grad Sommerhitze vor einer schusssicheren Glasscheibe das Jackett ablegte und die rund 4000 Gäste aufrief, es ihm gleichzutun. Nach dem ersten Eisbrecher trug der US-Präsident in einer 28-minütigen umjubelten Rede viel Pathos auf und beschwor - natürlich - die Geschichte.
Vor ziemlich genau 50 Jahren hatte John F. Kennedy unter dem Eindruck des Kalten Krieges und der Teilung Berlins vor dem Schöneberger Rathaus die geschichtsträchtigen Worte „Ich bin ein Berliner" gerufen. "Ich bin der erste US-Präsident, der hier in Freiheit auf dieser Seite des Tors sprechen kann", sagt nun Obama. Und weiter: „So lange es Mauern in unseren Herzen gibt, müssen wir uns bemühen, diese Mauern einzureißen." 1987 hatte mit Ronald Reagan ein weiterer US-Präsident den Sowjetchef Michail Gorbatschow in Berlin aufgefordert: "Tear down this wall!".
Obama schnitt am Mittwoch eine Fülle von Themen an - von Rechten für Homosexuelle bis zu Diktaturen in der arabischen Welt. Konkrete inhaltliche Ansagen beschränkten sich aber auf die Abrüstung der nuklearen Waffenarsenale. Wie bereits im Vorfeld durchgesickert war, schlug Obama Russland vor, die Zahl einsatzbereiter Atomsprengköpfe um ein weiteres Drittel auf jeweils knapp über 1000 zu reduzieren. 2016 soll zudem ein Atom-Gipfel über die Bühne gehen.
Bereits April 2010 hatten sich Obama und der damalige russische Staatschef Dmitrij Medwedjew in Prag mit der Unterzeichnung des sogenannten neuen START-Vertrags unter anderem verpflichtet, die Zahl der Sprengköpfe auf unter 1550 zu reduzieren. Die stationierten Trägersysteme sollten auf jeweils 700 begrenzt werden.
Moskau erfüllt beide Auflagen - mit 1480 stationierten Sprengköpfen und 492 Trägersystemen, die USA waren mit Stand 1. März noch knapp von den Zielvorgaben des START-Vertrags entfernt (1654 Atomsprengköpfe, 792 Trägersysteme).
Putin: "Wir können das nicht erlauben"
Ob der Kreml mit der neuen Initiative mitzieht, ist aber fraglich: "Wir können nicht erlauben, dass das Gleichgewicht des Systems der strategischen Abschreckung gestört oder die Effektivität unserer Atomstreitmacht geschwächt wird", sagte Wladimir Putin am Mittwoch laut russischen Medien.
Obama wird nun SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück treffen. Nach einem anschließenden Essen mit Kanzlerin Angela Merkel fliegt er Abend zurück nach Washington.
(Red.)