US-Aufdecker Snowden beantragt Asyl in Ecuador

Diplomatenauto am Flughafen Moskau
Diplomatenauto am Flughafen MoskauEPA
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Trotz eines US-Antrags auf Festnahme ließ Hongkong Snowden ausreisen - angeblich wurde er sogar von der Regierung dazu aufgefordert

Der "Whistleblower" Edward Snowden, Enthüller der Spähprogramme der USA und Großbritanniens, hat Asyl in Ecuador beantragt. Das teilte der ecuadorianische Außenminister Ricardo Patiño am Sonntag via Twitter mit.

Snowden hatte am Sonntag Hongkong verlassen, wo er nach seinen Enthüllungen Ende Mai abgetaucht war. Er wurde nach Darstellung seines Anwaltes zur Ausreise aus Hongkong aufgefordert. Ein Mann habe sich bei Snowden gemeldet und angegeben, die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone zu vertreten, sagte Albert Ho am Montag vor Journalisten. Dieser habe gesagt, Snowden könne Hongkong verlassen und sollte dies auch tun. "Das ist ein sehr ungewöhnlicher Vorgang", sagte Ho, der auch Abgeordneter im Regionalparlament ist.

Am Sonntagnachmittag landete Snowden an Bord einer Maschine der Fluggesellschaft Aeroflot in Moskau. Das russische Außenministerium teilte mit, Snowden nutze Moskau vermutlich nur zum Umsteigen. Er hielt sich am frühen Montagmorgen noch im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf, wie die Nachrichtenagentur Itar-Tass unter Berufung auf einen Flughafensprecher berichtete. Von Moskau aus wolle er nach Kuba weiterreisen, hieß es. Die nächste Maschine nach Havanna sollte am Montagnachmittag abheben.

"Keine juristische Basis, um Snowden festzuhalten"

Snowden ist ein früherer Vertragsmitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA. Er hat umfangreiche Spähaktionen amerikanischer und britischer Nachrichtendienste enthüllt. Die USA werfen Snowden nun Geheimnisverrat und damit einen Verstoß gegen das Spionagegesetz vor. Sie verlangten am Wochenende von Hongkong die Festnahme und Auslieferung Snowdens. Die Regierung in Hongkong teilte dazu mit, der Antrag sei fehlerhaft gewesen. Es habe daher keine juristische Basis gegeben, Snowden an der Ausreise zu hindern.

Auf den Spuren des Wikileaks-Gründers

Die Enthüllungsplattform Wikileaks, die Snowden nach eigenen Angaben auf der Flucht unterstützt, teilte mit, dass dieser sich "auf einer sicheren Route" auf dem Weg nach Ecuador befinde und von Diplomaten und Rechtsberatern von Wikileaks begleitet werde. Ecuador gewährt auch Wikileaks-Gründer Julian Assange politisches Asyl. Assange, der in Schweden wegen einer Sexualstraftat vernommen werden soll, hat sich vor einem Jahr in London in die ecuadorianische Botschaft geflüchtet. Die britische Regierung lässt ihn aber nicht nach Ecuador ausreisen. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte vor geraumer Zeit zahllose Dokumente über die Aktivitäten von US-Geheimdienste und Diplomaten bekannt gemacht.

US-Senator droht Russland

In den USA löste Snowdens Flug nach Moskau Empörung aus. Der einflussreiche demokratische Senator Chuck Schumer drohte, dies werde "ernste Konsequenzen" für die russisch-amerikanischen Beziehungen haben. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse von der Aktion gewusst haben, sagte er dem TV-Sender CNN am Sonntag. Es scheine, als wolle "Russland den USA Knüppel zwischen die Beine werfen".

Kurz vor seiner Abreise hatte Snowden noch neue Vorwürfe gegen die Geheimdienste erhoben. In einem am Sonntag veröffentlichten Interview der "South China Morning Post" berichtete er, der US-Geheimdienst NSA habe Millionen chinesischer Mobilfunknachrichten und wichtige Datenübertragungsleitungen an der Tsinghua-Universität in Peking ausspioniert. Auch habe es 2009 amerikanische Hackerattacken auf Pacnet in Hongkong gegeben, die seither aber eingestellt worden seien. Pacnet betreibt eines der größten Glasfasernetze in der Asien-Pazifik-Region und wickelt auch Internetverkehr mit den USA ab.

Britischer Geheimdienst in der Kritik

Erst am Freitag hatte die britische Zeitung "The Guardian" unter Berufung auf Unterlagen Snowdens berichtet, dass der britische Geheimdienst ein noch viel umfangreicheres Abhörprogramm betreiben soll als die USA. Der Abhördienst GCHQ (Government Communications Headquarters) könne täglich bis zu 600 Millionen Telefonverbindungen erfassen, zitierte die britische Tageszeitung den in Hongkong untergetauchten IT-Spezialisten Snowden. GCHQ sei "schlimmer als die US(-Kollegen)".

Deutschland verlangt umfassende Aufklärung über die Internet-Abhörprogramme des britischen Geheimdienstes. "Treffen die Vorwürfe zu, wäre das eine Katastrophe", sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Unionsfraktionschef Volker Kauder forderte, Großbritannien müsse seine europäischen Partner "umfassend und schnell" aufklären. "Wenn das berichtete Ausmaß der Datenüberwachung so stimmt, wäre dies nicht akzeptabel", sagte Kauder der "Welt am Sonntag".

(APA/dpa/AFP/Red.)

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