Österreich würde Snowden nicht ausliefern

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Die USA verlangen von EU-Regierungen in diplomatischen Noten die sofortige Auslieferung Snowdens im Fall eines Einreiseversuchs. Doch das Innenministerium winkt ab.

Brüssel/Wien. Seit mehr als einer Woche sitzt Edward Snowden im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo fest. Das Schicksal des 30-jährigen Amerikaners, der fast im Tagesrhythmus neue brisante Details über die weltweiten Abhörpraktiken des US-Geheimdienstes NSA enthüllt, ist unklar. Am Montag bot Russlands Präsident Putin dem kenntnisreichen Gast Asyl an (siehe Bericht unten). Wenig später teilte das russische Außenministerium mit, dass der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter tatsächlich einen solchen Antrag gestellt hat. Doch auch Venezuelas Präsident Nicolás Maduro bot Snowden Asyl an, mit Spannung wurde der venezolanische Staatschef am Montag in Moskau erwartet.

Die amerikanische Regierung setzt inzwischen sämtliche Hebel in Bewegung, um den Flüchtigen zu fassen. Snowden soll unter allen Umständen gehindert werden, weitere Geheimnisse auszuplaudern. Und dabei deponierten die USA nicht nur in Russland oder Ecuador unmissverständliche Botschaften. Sie sorgen auch für den eher unwahrscheinlichen Fall vor, dass sich Snowden vom Flughafen Scheremetjewo in den EU-Raum absetzt.

Außenamt lud US-Botschafter vor

Wie „Die Presse" aus diplomatischen Kreisen in Brüssel erfuhr, forderten die USA mehrere europäische Regierungen in eindringlichen Verbalnoten auf, Snowden unverzüglich auszuliefern, falls er die Einreise versuchen sollte. Der „Presse" wurde Einblick in eines dieser Schreiben gewährt. Es ist in einem ungewöhnlich direkten, fast schon rüden Ton gehalten. Die US-Botschaft müsse sofort benachrichtigt werden, wenn Snowden im Anflug sein sollte, heißt es darin. Und die Amerikaner „verlangen" zudem, dass die betreffenden Behörden Snowden in die USA zurückschicken, ganz egal, ob per Ausweisung, Deportation, Einreiseverweigerung oder durch andere Rechtsmittel.

Das Außenamt in Wien wollte auf Anfrage der „Presse" weder bestätigen noch dementieren, einen solchen Brief erhalten zu haben. "Kein Kommentar", hieß es lediglich. Doch die NSA-Affäre belastet mittlerweile auch in Österreich die bilateralen Beziehungen. Das Außenministerium in Wien lud den scheidenden US-Botschafter William Eacho vor.

Spindelegger erwartet "klare Antwort"

Außenminister Michael Spindelegger sagte in der ZiB2, er habe dem Botschafter einen Fragenkatalog übergeben und erwarte sich darauf klare Antworten. Diese werde es geben, habe ihm der Diplomat versichert. Spindelegger erwartet sich das "binnen Tagen". In der Brüsseler Abhöraffäre glaubt der Außenminister, dass die US-Regierung sagen werde, die Vorwürfe stimmen nicht. Sonst bedeute das einen "tiefen Riss in den Beziehungen."

Am 11. Juni schon hat das österreichische Innenministerium im Gleichklang mit Deutschland der US-Botschaft 16 detaillierte Fragen zu den Überwachungsprogrammen der NSA gestellt. Eine Antwort sind die Amerikaner bis heute schuldig geblieben. Und wie unter der Hand zu erfahren ist, haben die USA auch nicht vor, darüber jemals substanziell Auskunft zu geben.

Für die Amerikaner ist Snowden ein „Verbrecher". Das halten sie auch in ihrem Schreiben an europäische Regierungen fest. Das Amtsgericht des östlichen Distrikts von Virginia habe am 14. Juni einen Haftbefehl erlassen: wegen Diebstahls von Regierungseigentum und der unerlaubten Weitergabe geheimer Informationen, die der nationalen Verteidigung dienen. Snowdens Pass sei am 22. Juni für ungültig erklärt worden. Und das gelte auch für das Reisedokument, das Snowden vor einiger Zeit als gestohlen oder verlustig gemeldet habe.

Snowden kann Asyl beantragen

Und was, wenn der Whistleblower auf dem Flughafen Schwechat landen sollte? Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, schließt eine sofortige Auslieferung an die USA aus. Snowden könne in Österreich, so wie jeder andere, einen Asylantrag stellen, den dann das Bundesasylamt prüfe. Denn es liege gar kein internationaler Haftbefehl gegen ihn vor.

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