Auch nach dem Sturz von Langzeit-Diktator Mubarak blieb das Militär ein wichtiger Machtfaktor. Sein wichtigstes Ziel: das eigene Wirtschaftsimperium und die Privilegien retten.
Auf welcher Seite wird die Armee stehen? Diese Frage wurde in den Tagen der Revolution Anfang 2011 immer wieder gestellt. Die Antwort ist einfach: auf der eigenen.
Seit dem Putsch 1952 war Ägypten de facto eine Militärdiktatur, auch wenn sich das Land einen zivilen Anstrich gab. Alle Präsidenten bis Hosni Mubarak kamen aus der Armee. Die entwickelte sich immer mehr zu einem eigenen Staat im Staat, vor allem durch den Ausbau ihres Wirtschaftsimperiums. Dieses erstreckt sich bei Weitem nicht nur auf Rüstungsbetriebe, sondern auch auf andere Wirtschaftszweige, etwa die Bauindustrie und sogar die Landwirtschaft. Ausgediente Offiziere konnten zudem stets auf einen hohen Versorgungsposten in staatsnahen Betrieben hoffen, was deren Effizienz nicht unbedingt steigerte. Diese Praxis hat wohlgemerkt auch unter dem ersten zivilen Präsidenten Mursi nicht aufgehört.
In einem ist Ägyptens Militär den Muslimbrüdern ähnlich: in der Anpassungsfähigkeit. Als Mubarak für sie zum Risiko wurde, ließen sie ihn fallen wie ein heißes Falafel. Dazu kam, dass die Clique um Mubarak-Sohn Gamal ihnen wirtschaftlich in die Quere kam.
Und als die Muslimbrüder nach der Revolution als neue starke Kraft auftraten, agierte die Armee pragmatisch, um ihre Pfründe zu retten. Mursi entmachtete im August 2012 zwar den Obersten Militärrat und die graue militärische Eminenz, Feldmarschall Tantawi (nicht ohne ihn reich mit Orden zu behängen), doch die Privilegien der Armee blieben auch in deren verjüngter Führung erhalten.
Gut alimentiert von den USA
Die Armee ist also primär am Erhalt dieser Sonderstellung interessiert. Das könnte einen Hinweis darauf liefern, warum sie sich nun zum Eingreifen entschloss, bei allem Risiko für die Stabilität des Landes. Und für die Unterstützung durch die USA, die Ägyptens Armee jährlich mit 1,3 Milliarden Dollar unter die Arme greifen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2013)