Tschechien: Wurde Nagyova in U-Haft gedemütigt?

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Die frühere Bürochefin und Geliebte des ehemaligen Premiers Petr Nečas, Jana Nagyova, ist angeblich im Gefängnis außerordentlich unsanft behandelt worden.

Prag. Tschechische Gefängnisse wünscht man nur seinen ärgsten Feinden. So jedenfalls lautet der Tenor des Briefs, den die Tochter der früheren Bürochefin von Ex-Premier Petr Nečas an den Menschenrechtsbeauftragten des Prager Senats – der zweiten Kammer des Parlaments – schickte.

Zur Erinnerung: Besagte Bürochefin, Jana Nagyova, ist nicht nur sehr eifrig in ihrem Job gewesen; sie hat sich auch ihren Chef „geangelt“, Petr Nečas, den früheren tschechischen Premier, dessen Regierung über den größten Skandal seit 1989 gestürzt ist. Nagyova wird vorgeworfen, Nečas' Frau vom militärischen Geheimdienst beobachten haben zu lassen und drei Abgeordneten, die ihr Mandat aufgegeben hatten, im Auftrag des Premiers lukrative Posten in staatlichen Unternehmen beschafft zu haben. Die Parlamentarier hatten den Kurs von Premier Nečas kritisiert, wollten aber nicht den Sturz von dessen Regierung. Deshalb gaben sie ihr Mandat zurück und wurden dafür mit guten Posten in staatlichen Firmen abgefunden.

Polizisten „machten sich lustig“

Nagyova soll das alles im Auftrag ihres Chefs und Geliebten Nečas organisiert haben – was sie bestreitet. Fakt scheint zu sein, dass die Ermittler nicht eben feinfühlig vorgingen, als sie Frau Nagyova festnahmen. Nach Angaben von Nagyovas Tochter gingen sie vor wie die „Axt im Walde“.

„Am späten Abend des 12.Juni“, so die Tochter, Nikola Nagyova, „öffneten sie gewaltsam die Tür zur Wohnung meiner Mama. Die wollte gerade ins Bett, hatte schon das Nachthemd an. 15 vermummte Polizisten stiegen dann in ihren dreckigen Schuhen über Tische und Betten und machten sich laut lustig über die etwas mondänere Ausstattung der Wohnung.“

Drei Tage lang hätten es die Polizisten nicht zugelassen, dass sich Nagyova wasche oder die Zähne putze. Besonders demütigend sei es für ihre Mutter gewesen, ihre „Pille“ abgeben zu müssen. „Das hat bei ihr sofort eine Monatsblutung ausgelöst mit allen psychischen und und hygienischen Folgen. Sie musste allen Ernstes die anwesenden Polizisten um Monatsbinden bitten“, schreibt die Tochter. Erniedrigend sei auch die Vorführung der Mutter mit Handschellen gewesen. „Das Ziel der Beamten war, sie als Verbrecherin der Öffentlichkeit vorzuführen.“

Nečas selbst spricht generell von einer völlig konstruierten Anklage der Ermittler, die jedem Recht Hohn spreche. Der Ex-Premier, der seine Geliebte aus der Untersuchungshaft abholte, ist derzeit noch mit einer anderen Frau verheiratet. Er hat sich wiederholt öffentlich zu seiner Liebe zu Frau Nagyova bekannt.

Welche Folgen der Bericht über die Bedingungen in der U-Haft haben wird, ist unklar. Der Senat wolle Vertreter der ermittelnden Polizeieinheit vorladen, heißt es in Prag. Denkbar ist eine interne Ermittlung innerhalb der Polizei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2013)

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