Japan: Premier Abe sichert sich Mehrheit

(c) EPA (KIMIMASA MAYAMA)
  • Drucken

Bei der Oberhauswahl hat die Regierungskoalition einen Sieg davongetragen. Der Premier will nun ernst machen mit dem als "Abenomics" bezeichneten Konjunkturprogramm.

Tokio. Es ist ein veritabler Machtgewinn für Japans Premierminister Shinzo Abe: Seine rechtsgerichtete Liberaldemokratische Partei (LDP) hat mit ihrem Juniorpartner Komeito bei der gestrigen Oberhauswahl einen Sieg errungen. Die Koalition hat sich die deutliche Mehrheit der Sitze – 76 von 121 – gesichert.

Das Oberhaus wurde bisher von der Opposition dominiert. Mit dem Sieg hätte Abes seit Dezember regierende Koalition die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments und damit freie Hand bei der Gesetzgebung.

Abe kündigte eine schnelle Umsetzung seiner politischen und wirtschaftlichen Ziele an. „Unser Sieg bedeutet, dass das Volk eine stabile und entscheidungsfähige Regierung will“, sagte er noch in der Wahlnacht. Er versprach schnelle Entscheidungen.

Kritiker werfen Shinzo Abe vor, seine „Abenomics“ genannte Wirtschaftspolitik mit einer Mischung aus Staatsausgaben und extrem lockerer Geldpolitik habe dem einfachen Bürger bisher nichts gebracht. Abe versprach mehr Beschäftigung und höhere Löhne. Zu seinem politischen Lebensziel, einer in der Bevölkerung umstrittenen Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung, sagte der Premier, er werde sich „in Ruhe“ um eine Diskussion darüber bemühen. Angesichts erhöhter Spannungen mit China und Nordkorea will Abe mit einer Verfassungsänderung das eigene Militär stärken.

Aggressive Geldpolitik

Japans Premierminister Shinzo Abe gibt sich gern martialisch. Selbst wenn er seine Wirtschaftspolitik erläutert, verspricht er, messerscharfe Pfeile im Köcher zu haben. Mit dem ersten Schuss kündigte der im vergangenen Dezember nach sechs Jahren politischer Abwesenheit wieder ins Amt gewählte Regierungschef eine aggressive Geldpolitik der japanischen Notenbank an, die mit Billigkrediten und Anleihekäufen gigantische Yen-Ströme in die Ökonomie leiten soll. Damit wird eine künstliche Inflation erzeugt, der Außenwert der nationalen Währung Yen exportgünstig abgeschwächt.

Shinzo Abes zweiter Pfeil zielte in Richtung schuldenfinanzierter Konjunkturprogramme. Das Rezept, mit staatlichen Mitteln Wachstum zu erkaufen und dabei den Faktor Kapital einfach zu vernachlässigen, hat Japan in früheren Dekaden an die ökonomische Weltspitze katapultiert, aber auch zu einem öffentlichen Schuldenberg von mehr als 230 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes geführt. Der japanische Wähler kennt allerdings diese Mittel und akzeptiert sie; vermutlich wirkte Abes ökonomischer Voodoo sogar als Wahlempfehlung.

Ganz anders beim dritten Pfeil aus Abes Köcher, den die Finanzmärkte nach der Wahl erwarten. Angekündigt ist ein radikales Reformprogramm für die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt.

In der Diskussion sind dabei die Sanierung des Staatshaushaltes über konjunkturell höhere Steuereinnahmen und die Deregulierung des seit Jahrzehnten verkrusteten Arbeitsmarktes, der statt Initiative meist nur treue, aber einfallslose Firmensoldaten hervorbringt.

Freihandel mit den USA

Zudem soll die Öffnung des vom Wettbewerb abgeschotteten Gesundheitswesens die schon wegen der rapide alternden Gesellschaft bis zum Zerreißen angespannten Sozialnetze entlasten. Und last but not least fasst der Premier ins Auge, durch Freihandel mit den USA und Südostasien den hoffnungslos überteuerten nationalen Agrarmarkt aufzubrechen.

Unter dem Strich sind das alles sinnvolle und längst überfällige Maßnahmen – aber bisher wurde darüber stets nur geredet und nicht danach gehandelt. Nun, nach der erfolgreichen Oberhauswahl, soll es plötzlich schnell gehen.

Auf einen Blick

Bei den Oberhauswahlen in Japan hat die Koalition von Ministerpräsident Shinzo Abe gesiegt. Wie der TV-Sender NHK berichtete, kommen Abes konservative Liberaldemokratische Partei (LDP) und ihr Juniorpartner, die Komeito-Partei, auf mindestens 71 der 121 zu vergebenden Sitze. Damit hat Abe für mehrere Jahre die Kontrolle über beide Parlamentskammern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

JAPAN POLITICS ELECTION
Außenpolitik

Japans Regierungskoalition siegt bei Oberhauswahl

Der rechtsnationale Premier Shinzo Abe hat künftig in beiden Parlamentskammern die Mehrheit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.