Geheimdienste: Datenaustausch mit USA Fall für Justiz

Beatrix Karl.
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Justizministerin Beatrix Karl wird nach „Presse“-Enthüllung über Kooperation des Heeresnachrichtenamts mit der NSA (National Security Agency) aktiv: Staatsanwaltschaft soll Verstoß gegen Strafgesetz prüfen.

Wien. Das hartnäckige Schweigen des Verteidigungsministeriums zur mutmaßlichen Zusammenarbeit der Geheimdienste Österreichs und der USA dürfte bald ein Ende haben: Denn nun schaltet das Justizministerium die Staatsanwaltschaft ein. Nachdem „Die Presse“ über einen Vertrag des Heeresnachrichtenamts (HNaA) mit der amerikanischen NSA (National Securitiy Agency) berichtet hatte, erteilte Justizministerin Beatrix Karl (VP) der Staatsanwaltschaft Wien einen Berichtsauftrag zu der sensiblen Causa. Es besteht der Verdacht, dass mit der Kooperation die Strafgesetze verletzt wurden.

>>Zum Bericht der "Presse"

Die NSA ist der größte militärische Nachrichtendienst der USA. Ex-Mitarbeiter Edward Snowden hat mit seinen Enthüllungen über die weltweite Bespitzelung der elektronischen Kommunikation durch die NSA ein Beben ausgelöst, dessen Ausläufer auch in Österreich spürbar wurden: Es stellte sich heraus, dass auch das HNaA das NSA mit Informationen versorgt – und wohl im Gegenzug auch solche bezieht.

Die Vereinbarung mit den USA stammt nach „Presse“-Recherchen aus der Zeit des Kalten Kriegs und wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erneuert. Dabei wurde wohl ein wesentlicher Faktor übersehen: Die Zusammenarbeit mit der NSA dürfte strafbar sein. Wer nämlich in Österreich „für eine fremde Macht“ einen militärischen Nachrichtendienst „wie immer unterstützt“, kann nach § 319 Strafgesetzbuch zu bis zu zwei Jahren Haft verurteilt werden. Die NSA fällt eindeutig unter den Begriff eines „militärischen Nachrichtendienstes“, und jede wie auch immer geartete Unterstützung eines solchen ist verboten. Es dürfte nicht einmal das Argument helfen, dass Österreich von der Zusammenarbeit der geheimen Dienste wohl profitiert haben könnte: Ob die Unterstützung zum Vorteil oder zum Nachteil des Landes erfolgte, ist nach dieser Bestimmung irrelevant.

Also droht jedem in Österreich, der einen Beitrag zur Unterstützung der NSA geleistet hat oder leistet, eine Strafverfolgung. Das kann vom Verteidigungsminister über die Führung des HNaA bis zu dessen Mitarbeitern jeder sein, der die Verwirklichung der verbotenen Handlung „ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet“.

Der frühere Verteidigungsminister Günther Platter (ÖVP), dessen Unterschrift auf dem Vertrag stehen soll – das Büro des heutigen Landeshauptmanns von Tirol will davon nichts wissen –, könnte aber Glück haben: Die Strafbarkeit verjährt bereits nach fünf Jahren, und Platter war nur bis 2007 Minister. Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz, der gestern in derselben Causa und ebenfalls unter Berufung auf den „Presse“-Bericht eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien abgeschickt hat, nimmt jedoch auch Platters Nachfolger, nach Norbert Darabos nun Gerald Klug (beide SPÖ), in die Verantwortung: Der Verteidigungsminister bzw. der HNaA-Chef hätten zu dem Thema im Parlament jegliche Information verweigert, sagte Pilz laut APA bei einer Pressekonferenz in Klagenfurt, also habe er sich zu der Anzeige entschlossen. Das Verteidigungsministerium wird allerdings bereits durch die bevorstehenden Erhebungen der Staatsanwaltschaft gezwungen werden, Farbe zu bekennen.

Pilz: Auch andere Partnerdienste versorgt

Pilz schreibt in seiner Sachverhaltsdarstellung auch von „Verträgen mit sogenannten ,Partnerdiensten‘ vor allem in Großbritannien, Frankreich und der BRD, die ebenfalls die Weitergabe nachrichtendienstlicher Daten und die Unterstützung der militärischen Nachrichtendienste durch das HNaA regeln“.

Neben dem generellen Verbot, fremde Nachrichtendienste zu unterstützen, sind weitere Strafgesetze zu beachten: Wer einen Geheimdienst zum Nachteil Österreichs unterstützt, kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden; wer eine Fernmeldeanlage betreibt, um Kriegs- oder Konfliktparteien mit militärischen Nachrichten zu versorgen, ist mit bis zu fünf Jahren Haft bedroht. Der Horchposten des HNaA bei Hainburg könnte einschlägig sein; die USA stehen allerdings in keinem Konflikt mit den Ländern im Osten, auf die die Königswarte gerichtet ist.

("Die Presse" Printausgabe vom 26.07.2013)

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