Schweden: Behörden verkaufen Personaldaten weiter

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Schwedische Parlamentarier fordern nun klarere Regeln gegen die bisher legale Weitergabe von Informationen an Unternehmen.

Kopenhagen/gam. Als der schwedische Kleinunternehmer Örjan Sahlin plötzlich mit Reklame bombardiert wurde, die seinen Namen und Adresse trugen, wunderte er sich: Woher hatten die Firmen seine Daten? Noch größer war sein Erstaunen, als er herausfand, dass sie vom öffentlichen Firmenregister stammten, in das er sich kurz davor eingetragen hatte. Dort hatte man die Personalangaben weiterverkauft. „Das hatte ich nicht bezweckt, als ich mich registrierte,“ sagte Sahlin der Zeitung „Dagens Nyheter“, doch Behördenchefin Annika Bränström wies alle Kritik zurück. „Wir haben keine Verantwortung dafür, wie die Daten verwendet werden. Wir verkaufen sie, und alles weitere ist Sache des Käufers.“

In Schweden ist dies kein Einzelfall. Auch das Steueramt, die Verkehrsbehörde oder das für die Erteilung von Studienbeiträgen zuständige Büro zählen zu den öffentlichen Stellen, bei denen die Käufer von Personaldaten fündig werden können. Das Verkehrsamt wirbt gar auf seiner Homepage für dieses Service. Will ein Unternehmen wissen, wer in den letzten drei Monaten einen Neuwagen kaufte? Welche Frauen einen Lieferwagen benützen? Oder die Namen von Motorradfahrern unter 30 Jahren? Auch mit den Adressen von Studienanfängern oder von Eigenheimbesitzern können die jeweiligen Behörden dienen.

Sturm der Empörung

Dies alles ist legal. Das schwedische Öffentlichkeitsprinzip erlegt allen Instanzen der öffentlichen Verwaltung Auskunftspflicht auf. Dass das Prinzip jedoch genützt wird, um Firmen den Zugang zu auserwählten Kunden zu erleichtern, hat nach der Enthüllung in „Dagens Nyheter“ einen Sturm der Empörung ausgelöst. Nahezu einstimmig meinen Politiker und die Befragten in Straßeninterviews, dass es nicht Aufgabe der Behörden sei, die ihnen anvertrauten Daten an Firmen zu verkaufen. Das Verkehrsamt nahm damit im Vorjahr 30 Millionen Kronen (3,5 Mio Euro) ein, was allerdings nur kostendeckend sein soll.

Die meisten Bürger und auch viele Politiker ahnten nichts von dem lockeren Umgang mit den Personaldaten. Es gibt auch keine Übersicht darüber, welche Behörden Informationen verkaufen und was weitergegeben wird. Daher fordern Parlamentarier aller Lager klarere Regeln. Vor allem solle es leichter werden, sich der Weitergabe zu widersetzen, fordern die Politiker. Bisher kann man zwar sich zwar durch eine Meldung im „Nix-Register“ gegen Direktreklame wehren, nicht aber verhindern, dass die Personalangaben auf Abwege geraten. Künftig sollten die Behörden verpflichtet werden, alle Kunden über die Weitergabe der Daten zu informieren und ihnen die Möglichkeit geben, dies zu untersagen, meint Sozialdemokratin Veronika Palm.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2013)

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