Der syrische Machthaber konnte sein Regime stabilisieren. Doch weder er noch die Rebellen sind stark genug, um endgültig die Oberhand zu gewinnen.
Unter tosendem Applaus schritt Syriens Machthaber ans Rednerpult. Der mit roten Teppichen bedeckte Saal war voll von Regimeanhängern, die zum Fastenbrechen an runden Tischen Platz genommen hatten. Dann begann Bashar al-Assad mit seiner ruhigen, fast sanften Stimme zu sprechen. Was Syriens Präsident sagte, war aber alles andere als sanftmütig: Den „Terror“ könne man nur mit „eiserner Faust zerschlagen“. „Die Krise lässt sich nur auf dem Schlachtfeld lösen.“
Diese Aufnahmen wurden nun von Syriens Staatsfernsehen ausgestrahlt. Vor einem Jahr schien Assads Regime kurz vor dem Kollaps zu stehen. Doch zuletzt haben seine Soldaten im Kampf gegen die Rebellen Erfolge erzielt. „Die Konfliktparteien suchen nach wie vor nach einer militärischen Lösung“, sagt Brigadier Walter Feichtinger, Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Landesverteidigungsakademie. Keine der beiden Seiten sei im Stande, einen Sieg zu erzielen. Derzeit sei weder mit einer internationalen Intervention noch mit einer raschen Verhandlungslösung zu rechnen. Wahrscheinlichstes Szenario: der Krieg findet erst durch die Erschöpfung der Konfliktparteien ein Ende.
Humanitäre Hilfe und Drohungen
Feichtinger hat an seinem Institut ein Syrien-Analysezentrum eingerichtet, in dem Informationen aus dem Krisengebiet ausgewertet werden. Dabei ergibt sich unter anderem folgendes Bild:
Assads Truppen versuchen verstärkt, die Rebellen vom Nachschub aus dem Libanon abzuschneiden. Eine der Maßnahmen ist die Sicherung des Hinterlandes der umkämpften Stadt Homs, unweit der libanesischen Grenze. Dabei setzt das Regime auf Zuckerbrot und Peitsche: Den Dörfern wird humanitäre Hilfe versprochen, falls sie kooperieren. Bei Unbotmäßigkeit werden ihnen Luftangriffe angedroht. Diese Taktik scheint zum Teil zu funktionieren.
Nachdem Assads Kampftruppen eine Hochburg der Aufständischen zerschlagen hatten, mussten sie schon meist zum nächsten Brandherd abrücken. Kurz darauf sickerten die Rebellen wieder in das zuvor von ihnen aufgegebene Gebiet ein. Um die eroberten Räume zu sichern, setzt Syriens Führung vermehrt auf Milizen und „Heimwehren“. Einen Teil dieser Aufgabe übernehmen die Shabiha-Milizen, leicht bewaffnete lokale Gruppen, die dem Regime seit Jahrzehnten dienen. Seit Anfang des Jahres ist eine neue Regime-Miliz im Einsatz, die „Nationale Verteidigungsarmee“. Sie sichert eroberte Räume und schützt gemeinsam mit Kämpfern der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah wichtige Verbindungslinien. Und sie beteiligt sich an den Kämpfen.
Milizen rücken in den Straßen vor
Die Operationen laufen meist nach dem selben Schema ab: Armeepanzer umzingeln einen Stadtteil. Dann stoßen Infanteristen der „Nationalen Verteidigungsarmee“ und der Hisbollah vor.
Neue Taktiken, die Hilfe der Hisbollah und des Iran sind hauptverantwortlich für Assads jüngste militärische Erfolge – und die Siegeszuversicht, die er nun in seiner Rede zu verbreiten versuchte. Militärisch wird er den Aufstand aber kaum niederschlagen können. Das Blutbad in Syrien geht weiter.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2013)