Am Mittwoch beraten die Außenminister wegen der eskalierenden Gewalt in Ägypten. Zahlungen in Höhe von fünf Milliarden Euro stehen auf dem Spiel.
Wien/Brüssel/Aga/Ag. Mit finsterer Miene trat der EU-Sondergesandte für die südliche Mittelmeerregion, Bernardino León, am gestrigen Montag vor die Presse. „Wir werden auf einer politischen Lösung in Ägypten bestehen“, sagte er nach einer Krisensitzung mit den Botschaftern der 28 Mitgliedstaaten. Morgen, Mittwoch, sollen die Außenminister zu einem Sondertreffen zusammenkommen und über das Einfrieren von Finanzhilfen und einen Stopp der Waffenlieferungen an Ägypten beraten.
Eine solche Entscheidung wäre allerdings nur symbolischer Natur: Denn wegen der eskalierenden Gewalt im Land liegen sämtliche Hilfszahlungen der Staatengemeinschaft schon jetzt de facto auf Eis. Von jenen fünf Milliarden Euro, die die EU im vergangenen November anlässlich der EU-Ägypten-Taskforce zugesagt hat, ist bisher noch kein Geld geflossen. Die derzeitige Situation mache es „nicht möglich, die Kriterien für die Freigabe der Gelder zu erfüllen“, wie der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) gestern, Montag, auf Anfrage der „Presse“ mitteilte. Mit den Hilfszusagen wollte die EU den Übergang zur Demokratie nach dem Sturz von Ex-Präsident Hosni Mubarak im Jänner 2011 unterstützen.
Die fünf Milliarden Euro teilen sich auf in je zwei Milliarden Euro Finanzzusagen der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). Eine Milliarde Euro sollte direkt aus dem EU-Budget fließen, darunter 90 Millionen aus dem „Spring-Programm“, mit dem die EU den Arabischen Frühling unterstützt. Diese Gelder verfallen, wenn Ägypten sie nicht bis Ende 2013 abruft.
„Einfluss ist begrenzt“
Die neuen Mittel sollten zusätzlich zu jenen 449 Millionen Euro bereitgestellt werden, welche die EU bereits im Rahmen ihrer Nachbarschaftspolitik für die Jahre von 2011 bis 2013 zugeteilt hat. Im vergangenen Jahr flossen aus diesem Topf insgesamt 132 Millionen Euro für Projekte zugunsten der Arbeitsplatzbeschaffung und der besseren Wasserversorgung, so der EAD. Allerdings hat die EU seit 2012 wegen des verlangsamten Reformtempos keine neuen direkten Budgethilfen an Kairo geleistet. Diese seien an Reformen in Bereichen wie Bildung und Gesundheit gekoppelt. 200 Millionen liegen derzeit auf Eis, könnten aber zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden.
Während die EU noch um eine gemeinsame Position ringt, haben einzelne Staaten wie Deutschland und Dänemark bereits einige bilaterale Hilfsprojekte auf Eis gelegt. Rom und Berlin fordern zudem, keine Waffen mehr an Ägypten zu liefern. 2011 genehmigten die EU-Staaten noch den Export von Militärgütern im Wert von 303 Millionen Euro.
Kairo selbst zeigte sich von den angedrohten Maßnahmen unbeeindruckt: Die Regierung werde sich auch durch die Streichung von Entwicklungshilfeprojekten nicht von ihrem Kurs abbringen lassen, sagte Außenminister Nabil Fahmi. Insofern dürfte Großbritanniens Außenminister William Hague recht behalten, der in einem BBC-Interview den „begrenzten Einfluss“ der EU in Ägypten beklagt hat.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2013)