Ägypten: Chef der Muslimbrüder in Kairo verhaftet

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aegypten Chef Muslimbrueder Kairo(c) REUTERS (� Amr Dalsh / Reuters)
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Mohammed Badie ist wegen "Anstachelung zur Gewalt" festgenommen worden. Sein Vertreter Mahmoud Ezzat wurde interimistisch zum Nachfolger ernannt.

In Ägypten ist der Chef der Muslimbrüder, Mohammed Badie, festgenommen worden. Interimistischer Nachfolger ist der bisherige Vertreter Badies, Mahmoud Ezzat. Das berichtete der Fernsehsender "Al Jazeera".

Badie sei in der Nacht zum Dienstag in der Hauptstadt Kairo festgenommen worden, teilte das Innenministerium nach Angaben des staatlichen Fernsehens mit. Ein Vertreter der Sicherheitskräfte sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Chef der Muslimbrüder habe sich in einer Wohnung unweit des Rabaa-al-Adawiya-Platzes aufgehalten. Dort waren am vergangenen Mittwoch mehr als 280 Anhänger der Muslimbrüder und des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi getötet worden, als Sicherheitskräfte den Platz gewaltsam räumten.

Muslimbrüder geben sich kämpferisch

Die ägyptischen Muslimbrüder wollen ihren Kampf gegen die neuen Machthaber auch nach der Verhaftung ihres Oberhauptes fortsetzen. Ein Sprecher der Bewegung erklärte am Dienstag, Badie sei letztlich auch nur eines von vielen Mitgliedern der Bruderschaft, die tief in der ägyptischen Gesellschaft verankert sei. Die Kampagne der Bewegung gegen den "Militärputsch" werde weitergehen, erklärte Ahmed Aref. Mitglieder und Sympathisanten der Muslimbruderschaft starteten nach der Verhaftung eine Kampagne im Kurznachrichtendienst Twitter unter dem Motto "Ich bin der Murshid". "Murshid" ist der Titel des Oberhauptes der Muslimbrüder.

Zusammen mit Badie wurde den Angaben zufolge ein weiteres hochrangiges Mitglied der Muslimbruderschaft festgenommen. Das Fernsehen zeigte in der Nacht Aufnahmen von Badie, wie er von Polizisten abgeführt wird. Gegen den 70-Jährigen war am 10. Juli, eine Woche nach dem Sturz Mursis durch die Armee, Haftbefehl durch die Justiz erlassen worden. Dieser lautet auf den Vorwurf der "Anstachelung zur Gewalt".

37 Häftlinge tot: UNO fordert Untersuchung

Indes hat UN-Generalsekretär Ban Ki-moon eine Untersuchung der Umstände des Todes von 37 islamistischen Gefangenen in Ägypten gefordert. Ban sei zutiefst besorgt über den Vorfall, teilte sein Büro am Montag in New York mit. Die 37 Unterstützer der Muslimbrüder waren am Sonntag nahe Kairo gestorben. Das Innenministerium hatte erklärt, die Gefangenen hätten einen Fluchtversuch unternommen und seien dann durch das Einatmen von Tränengas ums Leben gekommen. Die Muslimbrüder sprachen indes von Mord und fordern eine Untersuchung.

Ban verurteilte auch den Anschlag von militanten Islamisten auf dem Sinai, bei dem am Montag 25 ägyptische Polizisten getötet wurden. Der UN-Generalsekretär sagte zudem, der vom Militär abgesetzte und festgesetzte Präsident Mohammed Mursi sollte entweder freigelassen oder in einem transparenten Verfahren angeklagt werden. Erst am Mittwoch wurde die Untersuchungshaft Mursis um zwei Wochen verlängert.

EU berät am Mittwoch

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Mittwoch bei einem Sondertreffen der europäischen Außenminister Vorschläge machen. Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) forderte eine Neuevaluierung der EU-Beziehungen zu Ägypten.

Er will das 2004 geschlossene EU-Assoziierungsabkommen notfalls auch kündigen, um den Druck auf die Militärführung des Landes zu erhöhen. Dies könnte durchaus wirtschaftliche Auswirkungen für das Land haben, da Ägypten aufgrund der ausbleibenden Touristen nun besonders auf ausländische Hilfen angewiesen sei, argumentierte Spindelegger am Montag im ZIB2-Interview des ORF.

Seit vergangenem Mittwoch 800 Tote

Ägypten wird seit dem Sturz des aus der Muslimbruderschaft stammenden Mursi von Protesten seiner Anhänger erschüttert. Immer wieder kam es dabei zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die am vergangenen Mittwoch eskalierten. Seitdem wurden landesweit mehr als 800 Menschen getötet. Mehr als tausend Muslimbrüder und Mursi-Anhänger wurden festgenommen.

Die Muslimbruderschaft war während der Amtszeit des 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak offiziell verboten gewesen. Ihre neu gegründete Partei für Freiheit und Gerechtigkeit ging aus der Parlamentswahl nach dem Sturz Mubaraks als stärkste politische Kraft hervor. Laut Umfragen hat sie seither einen großen Teil ihrer Popularität eingebüßt. Mohammed Mursi war 2012 als Kandidat der Muslimbrüder zum Präsidenten gewählt worden. Am 3. Juli 2013 setzte ihn das Militär nach Massenprotesten ab

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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