Welche Optionen die USA im Syrien-Krieg haben

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Sollten Experten den Giftgasangriff vom Mittwoch bestätigen, dann wäre die von US-Präsident Obama gesetzte "Rote Linie" überschritten. Doch welche Möglichkeiten hat Washington? Und was sind die Risiken?

Vor ziemlich genau einem Jahr hat US-Präsident Barack Obama einen möglichen Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg als "Rote Linie" bezeichnet - ohne allerdings näher auszuführen, was die Konsequenzen eines Überschreitens dieser Linie wären.

Sollten Experten bestätigen, dass sich am Mittwoch nahe der Hauptstadt Damaskus tatsächlich ein Angriff mit Giftgas ereignet hat, stünde Obama also unter Handlungsdruck. Der prominente republikanische Senator John McCain, der seit langem für ein robustes Vorgehen gegenüber dem syrischen Regime fordert und Obamas Haltung als zu zögerlich geißelt, fordert den US-Präsiden seit Tagen zum (militärischen) Eingreifen auf.

Obama indes bleibt zögerlich: Er habe es nicht eilig, die USA in einen weiteren, kostspieligen Krieg zu verwickeln, sagte der US-Präsident am Freitag: "Die USA bleiben ein Land, von dem man mehr erwarten kann, als dass es nur seine Grenzen verteidigt. Aber das bedeutet nicht, dass man überall sofort eingreifen muss", sagte der US-Präsident: "Wir müssen strategisch nachdenken, was in unserem langfristigen nationalen Interesse ist." Würden die USA ein anderes Land ohne UN-Mandat und ohne klare Beweise (für den Einsatz von Chemiewaffen; Anm.)  angreifen, dann sei fraglich, ob das völkerrechtlich gedeckt sei. 

Doch was sind überhaupt die Optionen des US-Präsidenten? Welchen Erfolg können sie jeweils bringen? Und was sind die Risiken?

  • Zugang für die UN-Inspektoren fordern

Das ist die gegenwärtige Linie Washingtons und seiner Verbündeten. Sie konzentrieren sich derzeit darauf, schnellstmöglichen Zugang für die UN-Inspektoren zu den Gebieten zu fordern, in denen die syrische Armee nach Angaben der Opposition Chemiewaffen einsetzte. Die Inspektoren dürfen aufgrund der Vereinbarung mit Damaskus allerdings nur feststellen, ob Chemiewaffen zum Einsatz kamen, nicht wer dafür verantwortlich ist.

  • Konsequenzen durch die UN fordern

Sollten Experten den Einsatz von Chemiewaffen durch die Regierung bestätigen, werden USA und Europäer Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Damaskus fordern. Das Problem dabei ist ein altbekanntes: Russland und/oder China könnten - wie bereits mehrfach im Fall Syrien geschehen - solche Schritte per Veto verhindern.

  • Auf eine Friedenskonferenz drängen

USA und Russland versuchen seit Mai, eine solche Konferenz zu organisieren, doch ein Termin wurde mehrfach nach hinten verschoben, auch weil die intern zerstrittenen Rebellen sich nicht einigen können, wer sie vertreten soll. Am kommenden Mittwoch steht dazu ein weiteres Treffen amerikanischer und russischer Regierungsvertreter an.

  • Unterstützung der Rebellen

Die USA haben die Aufständischen bisher nur mit Lebensmitteln und medizinischer Ausrüstung unterstützt. Außerdem bildeten sie Hunderte Rebellen in Syriens Nachbarstaaten militärisch aus. Weitere denkbare Schritte wären die Lieferung chemischer Schutzanzüge oder Gasmasken. Hilfen auf dieser Ebene sind freilich im Effekt recht eingeschränkt und haben bislang den Kriegsverlauf nicht entscheidend geändert.

  • Bewaffnung der Rebellen

Schon am 13. Juni hatte die US-Regierung erklärt, sie habe Militärhilfe für die bewaffnete Opposition beschlossen. Passiert ist bisher nichts, vor allem auch deshalb, weil befürchtet wird, dass die Waffen in falsche Hände, sprich, in die Hände von Jihadisten gelangen, die im syrischen Bürgerkrieg eine immer wichtigere Rolle spielen.

  • Sicherung der syrischen C-Waffen

Dadurch könnte verhindert werden, dass diese Massenvernichtungswaffen in die Hände von islamistischen Milizen geraten. Das Problem dabei: Diese Option ist militärisch sehr aufwändig und würde den Einsatz von Bodentruppen bedingen, wie Generalstabschef Martin Dempsey kürzlich in einem Memo für den Kongress aufführte. Auch ist keinesfalls gewährleistet, dass die US-Truppen alle C-Waffen sicherstellen können.

  • Beschränkte Luftangriffe

Die USA könnten militärische Einrichtungen aus der Luft angreifen. Außenminister John Kerry hat sich angeblich bereits für eine solche Option ausgesprochen, ebenso wie Senator John McCain. Stabschef Martin Dempsey bezweifelt allerdings, dass das die militärische Entscheidung brächte. Ebenfalls möglich wären Angriffe auf Einheiten, die C-Waffen eingesetzt haben - wenn sich das eindeutig zurückverfolgen lässt.

  • Einrichten einer Flugverbotszone

Dies würde bedeuten, dass syrische Kampfjets abgeschossen werden und die Luftabwehr zerstört wird.  Das wäre für die Rebellen sicher hilfreich. Militärexperten zufolge geht aber die größere Schlagkraft der syrischen Armee immer noch von der Artillerie aus. Außerdem wäre diese Option sehr teuer. Dempsey schätzt die Kosten auf anfangs 500 Millionen Dollar, gefolgt von durchschnittlich bis zu einer Milliarde Dollar pro Monat.

(APA/Reuters/hd)

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