Hat NSA einen Lauschposten in Wien?

einen Lauschposten Wien
einen Lauschposten Wien(c) Fabry
  • Drucken

Der US-Geheimdienst unterhält laut "Spiegel" in zahlreichen Botschaften, darunter in Österreich, Abhörteams. Von speziellem Interesse: die IAEA. Die Bundesregierung zeigte sich nicht sehr auskunftsfreudig.

Wien/Hd/Strei/Cu/Eko/Ag. Im Kalten Krieg galt Wien als das Agenten-Dorado schlechthin. Strategisch günstig an der Schnittstelle zwischen dem Westen und dem „Ostblock“ gelegen, tummelten sich hier Schlapphüte jeglicher Provenienz.

Der Kalte Krieg ist längst vorüber, die Zeiten, in denen Wien für Geheimdienste eine wichtige Rolle spielt, mitnichten: Dies geht aus dem jüngsten Enthüllungsbericht des Magazins „Spiegel“ in der NSA-Affäre hervor. Demnach soll der US-Geheimdienst auch einen Lauschposten in Wien unterhalten. Und zwar in Gestalt eines sogenannten „Special Collection Service“-Teams. Die Aufgabe dieser gemeinsam mit der CIA betriebenen Teams sei es, Kommunikation in ihren Gastländern abzufangen. Dabei würden auch Abhöranlagen eingesetzt, die etwa hinter Dachaufbauten an den Botschaften versteckt seien, schreibt das Magazin.

In besonderem Interesse der NSA steht dabei offenbar die zur UNO gehörende Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien. Sie gehöre zu jenen Institutionen, die „systematisch“ abgehört würden. Die IAEA hat dabei den internen Zahlencode „1“ erhalten, dies bedeutet auf der fünfstufigen Skala „höchstes Interesse“.

Bei der IAEA zeigte man sich auf Anfrage der „Presse“ noch am Sonntagnachmittag überrascht. Man habe bis dato noch keine Kenntnis von den Vorwürfen, sagte ein Sprecher. Im Wiener Innenministerium will man derzeit keine Informationen über einen Lauschposten der NSA in Wien haben. Zum einen sei auf Basis des „Spiegel“-Berichts unklar, um welche Art von Abhöraktion es sich überhaupt handeln soll. Zum anderen verweist man auf das Außenministerium, das regelmäßig mit den Vertretungsbehörden der USA in Wien in Kontakt stehe. Dieses allerdings nahm den zugespielten Ball nicht an und wollte sich zu den aktuellen Enthüllungen gar nicht erst äußern. Auch das Verteidigungsministerium zog es vor zu schweigen.

Der Bericht in dem deutschen Magazin ist freilich nicht der erste Hinweis darauf, dass die NSA in Österreich recht aktiv ist. „Die Presse“ berichtete bereits im Juli über ein geheim gehaltenes Abkommen des US-Geheimdienstes mit Österreich. Demnach hat die National Security Agency bereits im Kalten Krieg eine Vereinbarung mit dem Heeresnachrichtenamt geschlossen und dessen Horchposten bei Hainburg finanziert. Im sogenannten Krieg gegen den Terror nach den Anschlägen vom 11.September 2001 haben Österreich und die USA dieses Abkommen dann erneuert. Mittlerweile ist die Angelegenheit in Österreich zum Fall für die Justiz geworden.

Zugang zu Videokonferenzen der UNO

Den Dokumenten des NSA-Enthüllers Edward Snowden ist offenbar auch zu entnehmen, dass die NSA sogar die Zentrale der Vereinten Nationen in New York anzapft, obwohl ein Abkommen zwischen USA und UNO genau das untersagt. Und die NSA verhehlt ihre Freude darüber auch gar nicht: Mit einem „Yay!“ wird in den Unterlagen der Umstand quittiert, dass es gelungen sei, sich Zugang zu den Videotelefonkonferenzen der UNO zur verschaffen. In einer grotesken Episode aus dem Jahr 2011 spionierte die NSA auf dem Rücken ihrer chinesischen Rivalen die UNO aus: Der US-Geheimdienst hatte Peking beim Lauschen ertappt und praktischerweise gleich mitgelesen.

Alle Register zieht die NSA offenbar, wenn es um das Ausspionieren der EU-Niederlassungen in Washington (NSA-Codename „Magothy“) und New York („Apalachee“) geht. Das ist einer geheimen Operationsübersicht aus dem September 2010 zu entnehmen. Demnach wurden beide Vertretungen verwanzt, in New York wurden sogar Festplatten kopiert. Auch das interne Computerkabelnetz der vernetzten EU-Stellen wurde laut „Spiegel“ angezapft. Und als die EU-Botschaft in New York 2012 den Standort wechselte, hatten sich die Agenten längst den Lageplan für das neue Zuhause der EU am East River besorgt. Man darf bereits auf die nächste Enthüllung spekulieren: dass es der NSA nämlich gelungen sein könnte, über das Anzapfen der EU-Vertretungen Zugang zur EU-Zentrale in Brüssel zu bekommen. Interview mit den Justizministerinnen Deutschlands und Österreichs. Seite 2

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Zuckerberg sieht Vertrauen Internet
Internet

NSA: Zuckerberg sieht Vertrauen in Internet erschüttert

Der Facebook-Chef sagt, dass Nutzer Internet-Firmen seit dem Bekanntwerden des Spähprogramms nicht mehr vertrauen und fordert Transparenz.
gibt ihre Daten Israel
Internet

NSA gibt ihre Daten an Israel weiter

Auch ungefilterte Mails von US-Bürgern werden weitergeleitet. Das berichtet der britische „Guardian“ unter Berufung auf Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden.
Mark Zuckerberg, Facebook's co-founder and chief executive speaks during a Facebook press event in Menlo Park in this file photo
Internet

Zuckerberg: "Regierung hat es vermasselt"

Der Facebook-Chef kritisierte den Umgang Washingtons mit dem Abhörskandal. Das sei schlechte Publicity für sein Unternehmen. Er forderte eine stärkere Aufklärung durch die Regierung.
Außenpolitik

NSA teilt Rohdaten mit Israel

Der US-Nachrichtendienst übermittelt die abgefangenen Kommunikationsdaten dem israelischen Geheimdienst. Laut US-Geheimdienstkreisen gab es dagegen Bedenken.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.