Die Hisbollah ist Israels Hauptfeind, nicht Syrien

In Israel packen die Menschen wieder die Schutzmasken aus.
In Israel packen die Menschen wieder die Schutzmasken aus.(c) EPA (ABIR SULTAN)
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Jerusalem hat bei einem Sturz Assads viel zu befürchten - eine Machtübernahme der Islamisten mit Zugang zu Chemiewaffen.

Jerusalem. Die Nachfrage nach Gasmasken ist in Israel schlagartig hochgeschnellt. Dreimal mehr Menschen als gewöhnlich meldeten sich diese Woche bei den Postämtern, um dort ihre veralteten Schutzmasken umzutauschen. Ihre Sorge gilt einem möglichen Vergeltungsakt Syriens gegen Israel als Verbündeten der USA. Israels größte Sorge ist, dass Syriens Chemiewaffen in die Hände der extremistischen Hisbollah im Libanon geraten könnten.

Die Regierung von Premier Benjamin Netanjahu hatte wiederholt eine rote Linie gezogen und drohte bei Überschreitung mit Gegenmaßnahmen. Mindestens dreimal flog die israelische Luftwaffe in den vergangenen zweieinhalb Jahren Angriffe im syrischen Luftraum, um die Lieferung von Waffen zu stoppen, die sich offenbar auf dem Weg zur Hisbollah im Libanon befanden. Der Feind ist die Hisbollah, nicht das Regime in Damaskus, darum hielt sich Israel gegenüber Syrien sonst auffällig zurück.

Jerusalem bezog weder Position für das Regime noch für die Rebellen. Beide Konfliktparteien sind Israel nicht wohlgesonnen, deshalb wären Sympathiekundgebungen ohnehin kontraproduktiv. Hauptsache ist, dass weder die Hisbollah noch der Erzfeind Teheran zum Nutznießer des Bürgerkrieges werden.

Sammelplatz für Extremisten

Für die libanesische Hisbollah, die bereits tausende Kämpfer zur Rückendeckung des Regimes nach Syrien schickte, wäre der Sturz Assads eine Katastrophe. „Die Hisbollah braucht ihn, um die Waffenlieferungen zu gewährleisten, die Teheran via Syrien in den Libanon schickt“, erklärt Joram Schweizer, Antiterrorspezialist vom Tel Aviver Institut für Nationale Sicherheitsstudien. Für sie wäre es ein Schreckensszenario, sollte Syrien in sunnitische Hände fällen.

Syrien ist durch die Unruhen zum Sammelplatz für libanesische Salafisten und Anhänger des Jihad geworden. Ein Vakuum an der Spitze in Damaskus würde den Extremisten erlauben, ihren privaten Krieg gegen Israel auszufechten, was angesichts der jüngsten Bilder der Giftgasopfer noch bedrohlicher erscheint. Rund 1000 Tonnen der Gifte soll Syrien binnen kürzester Zeit verfügbar machen können. Kaum auszudenken, wenn die Chemiewaffen in die Hände der Extremisten gelangen würden.

Syriens Regierung spielt keine Rolle mehr

Mit oder ohne Assad an der Spitze werde das Chaos in Syrien noch lange andauern. Schon jetzt sei die Armee geschwächt. Je länger der Bürgerkrieg weitergehe, desto weniger werde Assad die Salafisten wieder vertreiben können. Egal unter welcher Führung, so das Fazit des Sicherheitsexperten Schweizer: Die Instabilität in Syrien werde wohl prolongiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2013)

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